Data

Date:
31-03-1995
Country:
Germany
Number:
25 U 185/94
Court:
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Parties:
Unknown

Keywords

ACCEPTANCE - STATING A DIFFERENT TERM AS TO THE QUALITY OF GOODS - MATERIAL MODIFICATION OF OFFER - AMOUNTS TO COUNTER-OFFER (ART. 19(1) AND (3) CISG)

Abstract

Following an offer from a German glass producer, an Italian buyer ordered a certain quantity of test tubes. The buyer's order differed from the seller's offer insofar as it contained a different term as to the quality of the glass. After an exchange of correspondence between the parties and without reaching an actual agreement about the glass type , the seller delivered test tubes made of the type of glass supposedly needed by the buyer. The buyer refused to pay the purchase price and the seller commenced an action to recover it.

The lower Court upheld the main part of the seller's action. The buyer appealed.

The Court held that a contract had not been validly concluded because the parties did not reach an agreement about the glass type. In the opinion of the Court, since the buyer's order modified the seller's offer as to the quality of glass, it did not constitute an acceptance of the seller's offer. Accordingly, no contract had been concluded between the parties (Art. 19 (1) and (3) CISG).

Fulltext

[...]

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist statthaft sowie auch sonst zulässig und auch sachlich gerechtfertigt. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises für die gelieferten Reagenzgläser und Stopfen nicht zu, denn es fehlt an dem Abschluß eines verbindlichen Kaufvertrages über die gelieferten Reagenzgläser.

Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien ist, wie das Landgericht unangegriffen und zutreffend dargelegt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß par. 543 ZPO Bezug genommen wird, das deutsche Recht der Lieferfirma und das von den Staaten beider Vertragsteilnehmer anerkannte UN-Kaufrecht - CISG -anzuwenden. Danach steht der Klägerin gemäß der Art. 62, 59 CISG für eine vertragsgemäße Lieferung der bestellten Ware der vereinbarte Kaufpreis zu. An einer vertragsmäßigen Lieferung fehlt es indes, da die Parteien sich über die Qualitätsanforderungen der Reagenzgläser nicht geeinigt haben, die für das Geschäft von maßgeblicher Bedeutung waren. Das Verhandlungsergebnis ergibt sich aus dem Inhalt der schriftlichen Unterlagen und den mündlich getroffenen Vereinbarungen. Danach ist zunächst mit dem Landgericht davon auszugehen, daß es jedenfalls bis zum 30.09.1992 zu keinem wirksamen Vertragsschluß gekommen ist. Auf die schriftliche Anfrage der Beklagten im Schreiben vom 21.07.1992 hat die Klägerin ihr unter dem 24.07.1992 farblose Reagenzgläser bestimmter Abmessungen entsprechend der Zeichnung der Beklagten vom Glashersteller [...] angeboten und versichert, daß dieses Produkt die Bedingungen der Beschreibung im Anfrageschreiben erfülle. Ein Preisangebot für PYREX-Glas war nicht beigefügt. Daraus ergibt sich, daß die Klägerin ausschließlich die Glasqualität FIOLAX angeboten hatte, denn nur diese entsprach dem von der Beklagten geforderten Ausdehnungskoeffizienten von 5.5 x 10 - 7. Ob die Beklagte in ihrem Schreiben durch den Hinweis auf Glas der Qualität PYREX nur den Preis für diese Glasqualität hat erfragen wollen, bedarf keiner Aufklärung, denn es kommt entscheidend darauf an, wie ein verständiger Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berück sichtigung der Verkehrssitte den Inhalt der Anfrage verstehen mußte (Palandt, BGB, 54. Aufl., 133 Rdn. 9 m. w. N.). Ein solcher verständiger Erklärungsempfänger richtete sein Augenmerk bei der Anfrage der Beklagten auf die für die Kennzeichnung der gewünschten Glasqualität maßgeblichen Bezeichnung des Ausdehnungskoeffizienten, weil sämtliche übrigen dort genannten Glaseigenschaften den Qualitäten DURAN/PYREX und FIOLAX gemeinsam sind. Deshalb ergibt sich aus der in ihrem Angebotsschreiben enthaltenen Zusicherung der Klägerin, die geforderten Bedingungen würden erfüllt werden, daß sie einen von der Firma Schott hergestellten Glastyp mit dem in der Anfrage bezeichneten Ausdehnungskoeffizienten von 5.5 x 10 - 7 liefern werde; dies aber ist die Glasqualität FIOLAX.

Wie die Beklagte dieses Angebot der Klägerin verstanden hat, ist unklar. Jedenfalls hat sie es nicht angenommen, denn ihre Bestellung vom 26.08.1992 ist widersprüchlich. In ihr bestellt sie nämlich DURAN-Glas mit einem Ausdehnungskoeffizienten von 5.5; eine Glasqualität also, die von der Firma [...] nicht hergestellt wird. Damit enthält die in sich widersprüchliche Bestellung der Beklagten jedenfalls eine Abänderung des Angebots der Klägerin in bezug auf die zu liefernde Glasqualität und fehlt es an einer Annahme des Angebotes gemäß Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 und 3 CISG.

Die Widersprüchlichkeit des Schreibens vom 26.08.1992 hat die Klägerin auch erkannt. Dies zeigt sich in ihrem Telefax vom 07.09.1992, mit dem sie der Beklagten eine Zeichnung übersandte, die diese mit ihrem Kunden besprechen sollte, und in dem sie ferner um Bestätigung bat, daß die zu verarbeitende Glasqualität Glas der 1. Hydrolyticklasse der Firma [...] sein sollte und nicht PYREX/DURAN. Ebenfalls zur weiteren Klärung diente ihr Telefax vom 21.09.1992 und die Übersendung einer weiteren Zeichnung für den Kunden der Beklagten. Die Unklarheiten wurden auch durch das Telefax der Beklagten vom 29.09.1992 nicht beseitigt und das Angebot der Klägerin hierdurch nicht angenommen. In diesem Telefax bezieht sich die Beklagte ausdrücklich auf die von ihrem Kunden in die beigefügte Zeichnung eingetragenen Änderungen und macht diese zum Inhalt ihres Vertragswillens. Aus den Änderungen ergibt sich nunmehr unmißverständlich, daß der Wärmeausdehnungskoeffizient des gewünschten Glases 3.3 betragen sollte, was unstreitig der von der Firma produzierten Qualität DURAN entspricht. Darin liegt also eine Abweichung von der von der Klägerin angebotenen Glasqualität FIOLAX mit seinem Ausdehnungskoeffizienten von 5.5. Dies hat die Klägerin auch erkannt, wie der Inhalt ihres zweiten Telefaxes vom 30.09.1992 beweist. In diesem heißt es, daß es bezüglich des Glases Verwirrung gebe und es wird nochmals um die Bestätigung gebeten, daß als Glastyp 'SCHOTT Ist hydrolytical class (Borosilicatglas)' der richtige sei, während Borosilicatglas mit einem Ausdehnungskoeffizienten von 3.3 den Glastyp DURAN kennzeichne. Diese Anfrage ist von der Beklagten jedenfalls nach dem Wortlaut ihres Telefaxes vom 01.10.1992 nicht in den von der Klägerin gewünschten Sinn beantwortet worden. Dort bestätigt sie lediglich, daß die Reagenzgläser mit Stopfen aus 'SCHOTT-Glas I. hydrolytical class' gefertigt werden solle.

Damit war Einigkeit über die zu verwendende Glas-Qualität zwischen den Parteien nicht hergestellt, denn die von der Beklagten in ihrer Bestätigung genannten Eigenschaften sind unstreitig dem Glastypen DURAN und FIOLAX gemeinsam. Aus diesem Grund ist der von dem Zeugen Potschien auf das Telefax der Beklagten vom 01.10.1992 gesetzte Vermerk über deren Einverständnis, daß der von der Klägerin vorgesehene Glastyp der 'richtige' sei, jedenfalls nach dem Inhalt der Korrespondenz der Parteien unzutreffend.

Dieser Vermerk bestätigt auch nicht eine mündliche Einigung der Parteien. Daß die Parteien über den Inhalt der Korrespondenz hinaus in Telefonaten zwischen den Zeugen [...] und vereinbart hätten, daß die zu liefernden Reagenzgläser und Stopfen aus FIOLAX-Glas hergestellt werden sollten, behauptet die Klägerin zwar; doch hat sie dies nicht nachgewiesen. Allerdings hat der Zeuge [...] diesen Vortrag bestätigt und ausgesagt, er habe auf seiten der Klägerin als deren kaufmännischer Verhandlungsleiter mit dem bei der Beklagten tätigen Zeugen [...] wiederholt über die zur Herstellung der Reagenzgläser und Stopfen zu verwendende Glasqualität telefoniert. Dabei sei von den gewünschten Ausdehnungskoeffizienten niemals die Rede gewesen. Er habe dem Zeugen Garotta wiederholt erklärt, daß die Klägerin nicht in der Lage sei, DURAN-Glas zu liefern; geliefert werden FIOLAX-Glas. Über diese Glasqualität sei man sich bei einem Telefonat am 01.10.1992 auch einig gewesen. Der Produktionsleiter, Herr [...], habe dazu eine schriftliche Bestätigung der Beklagten verlangt und nach deren Vorliegen am 01.10.1992 mit der Produktion begonnen.

Diese Bekundungen des Zeugen [...] sind nicht geeignet, den Nachweis zu erbringen, daß auch die Beklagte am 01.10.1992 mit der Verarbeitung der Glasqualität FIOLAX einverstanden gewesen ist. Seine Aussage ist schon nicht mit dem Inhalt der Korrespondenz der Parteien in Einklang zu bringen, denn in dieser stand von Anfang an die Größe des Ausdehnungskoeffizienten des gewünschten Glastyps im Vordergrund. Daß dieser von der Beklagten zunächst mit 5.5. für die von ihr gewünschte Glasqualität DURAN zu hoch angegeben war, steht dem nicht entgegen, weil für die Klägerin jedenfalls mit Erhalt der dem Telefax vom 29.09.1992 beigefügten Zeichnung deutlich erkennbar war, daß die gewünschte Glasqualität eben nicht FIOLAX, sondern DURAN sein sollte. Daß sich aus der Bestätigung der Beklagten vom 01.10.1992 Gegenteiliges nicht entnehmen ließ, weil die dort genannten Eigenschaften beiden Glastypen gemeinsam sind, hat der Zeuge Potschien in seiner Vernehmung eingeräumt. Verständliche Gründe dafür, warum er dennoch der Meinung war, die Beklagte sei nun mit Glas des Typs FILAX einverstanden, hat er nicht angeben können. Seine Erklärung, er habe sich mit dem Inhalt des Telefaxes der Beklagten vom 01.10.1992 zufriedengegeben, weil er doch mit dem Zeugen [...] telefonisch ein gutes Verhältnis gehabt habe und überzeugt gewesen sei, daß alles in Ordnung gehe, rechtfertigt die Annahme von deren Einverständnis mit der Produktion der Reagenzgläser und Stopfen in FIOLAX-Glas nicht. Daß dies nicht der Fall gewesen ist, hat der Zeuge [...] bekundet. Dieser hat ausgesagt, er erinnere sich, daß er mit dem Telefax vom 29.09.1992 die Zeichnung seines Kunden an die Klägerin übersandt habe, in der der Ausdehnungskoeffizient des gewünschten Glastypes mit 3.3 bezeichnet gewesen sei. Er könne sich nicht daran erinnern, ob er am 01.10.1992 mit dem Zeugen über die Glasqualität am Telefon gesprochen habe. Sollte dies der Fall gewesen sein, so habe er keinesfalls bestätigt, daß der Glastyp FIOLAX ausreiche; die Beklagte habe DURAN-Glas haben wollen.

Zum Beweis der behaupteten Einigung der Parteien auf die Glas qualität FIOLAX reicht schließiich auch der Umstand nicht aus, daß die Beklagte die gelieferte Glasqualität nicht sogleich, wohl aber eine unzureichende Beschriftung der Sendung bean standet hat. Abgesehen davon, daß eine solche zunächst unter bliebene Beanstandung lediglich ein Indiz für die behauptete Vereinbarung, nicht aber der Nachweis dafür sein könnte, hat der Zeuge [...] die unterbliebene Rüge verständlich erklärt. Er hat dazu ausgesagt, er habe vor Ende November 1992 Zertifikate betreffend die Lieferung der Klägerin erhalten. Beim Anlesen habe er gesehen, daß dort als Produktionsstätte ein Ort in Ostdeutschland angegeben gewesen sei, was - unstreitig - den vertraglichen Vereinbarungen nicht entsprochen habe. Er habe deshalb diese Dokumente nicht weiter gelesen und schon den benannten Produktionsort zum Anlaß genommen, sie an die Klägerin zurückzusenden. Als dann später die Unterlagen mit der Bezeichnung des Glastyps FIOLAX bei der Beklagten wieder eingetroffen seien, sei er selbst wegen einer länger dauernden Ausstellung betriebsabwesend gewesen.

Nach alledem ist der Klägerin der Nachweis eines Vertrags schlusses über die von ihr gelieferte Glasqualität FIOLAX nicht gelungen. Ihre Kaufpreisklage war deshalb mit der Kostenfolge des par. 91 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils und die Abwendungsbefugnis der Klägerin beruhen auf den parr. 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

Der Wert der Beschwer ist gemäß 546 Abs. 2 festgesetzt worden.}}

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Original in German:
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