Data

Date:
08-02-1995
Country:
Germany
Number:
7 U 3758/94
Court:
Oberlandesgericht München
Parties:
Unknown

Keywords

EXCLUSION OF CISG - CHOICE OF THE LAW OF CONTRACTING STATE AS GOVERNING LAW OF CONTRACT (ART. (1)(B) CISG) - NOT AMOUNTING TO AN IMPLIED EXCLUSION OF CISG (ART. 6 CISG)

SCOPE OF CISG - CONTRACT FOR THE SUPPLY OF PLASTIC PRODUCTS TO BE MANUFACTURED FOLLOWING CONTRACTUAL SPECIFICATIONS - BUYER NOT BOUND TO SUPPLY MATERIAL - CONTRACT COVERED BY CISG (ART. 3)

NOTICE OF LACK OF CONFORMITY - WITHIN REASONABLE TIME AFTER DISCOVERY (ART. 39(1) CISG) - NOTICE AFTER EIGHT DAYS OF DISCOVERY REASONABLE

NOTICE OF LACK OF CONFORMITY - FAILURE TO GIVE TIMELY NOTICE - REASONABLE EXCUSE - REQUIREMENTS - REFERENCE TO THE NATURE OF BUYER'S BUSINESS (ART. 44 CISG)

Abstract

A German seller and an Austrian buyer entered into a contract for the purchase of Polypropylen-Plastic granulate to be manufactured in accordance with the chemical compositions specified under the contract. According to the contract, the seller had the duty to examine the goods and to deliver them to a Danish company with which the buyer entertained a permanent supply agreement. The seller delivered the goods without examining them before. About one month after delivery, the Danish company notified the buyer that the goods did not conform with the specifications set forth under the contract and asked for damages. The buyer gave the seller notice of the non conformity of the goods and of the claim for damages of the Danish customer only about two months later.

The Court held that the contract was governed by CISG according to Art. 1(1)(a) CISG. The Court also held that CISG applied because the choice of German law as the law governing the contract did not impliedly exclude CISG pursuant to Art. 6 CISG.

The Court considered that the contract was a contract of sale because the buyer did not undertake to supply any materials necessary for the manufacture (Art. 3(1) CISG).

In the Court's opinion, the buyer had lost its right to rely on a lack of conformity because it had not given notice of non conformity within a reasonable time after discovery (Art. 39(1) CISG). First, the Court doubted whether the time of notice given by the Danish company was reasonable. It held that as the seller could and should have examined the goods before delivery, it would be reasonable to believe that the Danish company could and should have examined the goods soon after receiving them (Art. 38(1) CISG). Therefore, the Danish company could have discovered the non conformity of the goods sooner than one month upon delivery. Specifically, the Court held that under normal circumstances in a sale of durable non season-dependent goods (as in the present case) eight days is a reasonable time of notice. As a matter of fact the buyer who causes the goods to be examined must also carry the burden of a delay in the examination (Art. 38(1) CISG). In any case, the buyer had notified the seller two months after receipt of the otice from the Danish company. In the Court's opinion, this period of time was undoubtedly unreasonable.

Finally, the Court addressed the issue of whether the buyer had a reasonable excuse for its failure to give a timely notice (Art. 44 CISG). In answering this question, it considered the fast-paced nature of the buyer's business which required quick decisions and prompt actions. For this reason the Court determined that the buyer did not have a reasonable excuse. It noted that in taking into account the relevant circumstances and equitable considerations, it would be easier to allow such an excuse to a single trader, an artisan, or to a free professional.

Fulltext

[...]

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung erweist sich als unbegründet.

I.
Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage mit Blick auf die besonderen Voraussetzungen des par. 256 Abs. 1 ZP0 konnten nach Auffassung des Senats allerdings nicht durchgreifen.

1. Die Klägerin macht geltend, daß zwischen ihr und der Beklagten ein Rechtsverhältnis bestehe, auf Grund dessen die Beklagte zum Ersatz eines i.e. noch nicht bezifferbaren Schadens verpflichtet sei. Die Klägerin beruft sich damit nicht etwa auf ein erwartetes, künftiges, sondern auf ein gegenwärtiges Rechtsverhaltnis (vgl. dazu Baumbach-Lauterbach- Albers-Hartmann, ZP0, 53. Auflage, 256 RdNr. 16; Zöller, ZP0, 19. Auflage, par. 256 RdNr. 3 a). I.e. reicht es dabei nach BGH NJW 92, 697 aus, wenn der Kläger das schadensersatzbegründende Verhalten sowie die weiteren Voraussetzungen der die Schadensersatzpflicht begründenden Norm darlegt; ein Schaden braucht nicht festzustehen, wenn er nur wahrscheinlich ist. Dem kann der Vortrag der Klägerin jedenfalls nach Ergänzung des Vorbringens zur Aktivlegitimation, die sie nunmehr (auch) auf eine Forderungsabtretung stützt, letztlich noch genügen. Die Klägerin behauptet eine (schuldhafte) Verletzung vertraglicher Pflichten durch die Beklagte in Form der Herstellung eines mangelhaften Produkts, die eine Haftung der Klägerin und damit einen Vermögensschaden wahrscheinlich mache. Mehr kann nach Auffassung des Senats an dieser Stelle nicht gefordert werden.

2. Das Feststellungsinteresse stellt eine echte Prozeßvoraussetzung nur für das stattgebende Urteil dar, da bei nichtbestehendem Anspruchsgrund - so liegt der Fall hier, wie sich zeigen wird - genauso wie im Falle der Leistungsklage i.E. ein negatives Feststellungsurteil ergeht (vgl. Zöller, a.a.0., par. 256 RdNr. 7 a). Es kann daher im vorliegenden Falle letztlich offen bleiben, ob ein Feststellungsinteresse zu bejahen wäre. Der Senat ist allerdings der Auffassung, daß der Klägerin das Feststellungsinteresse nicht abgesprochen werden könnte. Insbesondere wird das Feststellungsinteresse von der Rechtsprechung angenommen, wenn Klageerhebung wie hier zur Unterbrechung der Verjährung ( par. 209 Abs. 1 BGB) erfolgt (vgl. Zöller, a.a.0., par. 256 RdNr. 8, m.w.N.). Eine Feststellungsklage ist dabei auch dann möglich, wenn der Schaden zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung ist, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden konnte (Zöller, a.a.0., par. 256 RdNr. 7 a). Der Kläger ist in diesem Falle nicht gezwungen, etwa in zweiter Instanz zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn ihm dies nachträglich möglich wird (Zöller, a.a.0., par. 256 RdNr. 7 b; BGH NJW 78, 210). Im vorliegenden Fall hat der Senat keinen Zweifel, daß jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Dezember 1993 die Folgen der aufgetretenen, der Klage zugrundeliegenden Störungen bei der Firma Danaklon noch nicht endgültig zu übersehen waren.

II.
Die Klage ist mangels jeder Anspruchsgrundlage aber unbegründet, so daß der Berufung der Erfolg versagt bleiben muß.

1. Ansprüche, die unmittelbar zwischen den Parteien zur Entstehung gelangt sein könnten, sind nicht ersichtlich.

2. Wie bereits das Landgericht zutreffend bemerkt hat, kann die Klägerin die Beklagte auch nicht aus gesetzlich übergegangenem Recht der PCD in Anspruch nehmen. Die Voraussetzungen des par. 67 ÖVVG (vgl. Art. 33 Abs. 3 EGBGB) sind schon deshalb nicht erfüllt, weil nicht vorgetragen ist, daß Zahlungen von der Klägerin an die Firma PCD bzw. in deren Auftrag an die Firma Danaklon geflossen wären.

3. Im Ergebnis kann die Klägerin Ansprüche aber auch aus abgetretenem Recht der Firma PCD gegen die Beklagte nicht geltend machen, da solche Ansprüche nicht bestehen.

a) Eine wirksame Abtretung etwaiger vertraglicher Ansprüche gemäß par. 398 BGB wäre allerdings erfolgt. Die Abtretung richtet sich nach Art. 33 Abs. 2 EGBGB nach deutschem Recht, da die Firma PCD und die Beklagte, wie übereinstimmend vorgetragen, ihre Rechtsbeziehung durch eine entsprechende Vereinbarung deutschem Recht unterstellt haben; Art. 27 EGBGB.

b) Ein Schadensersatzanspruch der Firma PCD gegen die Beklagte ist jedoch nicht nachzuweisen:

aa) Für etwaige Ansprüche wegen Verletzung des zwischen der Firma PCD und der Beklagten vereinbarten Werklieferungsvertrages wäre nach der getroffenen Vereinbarung deutsches Recht anwendbar. Das deutsche Recht sieht für Werklieferungsverträge der hier vorliegenden Form (keine Anlieferung eines Teils der zur Erzeugung der Ware notwendigen Stoffe durch den Besteller), die zwischen Parteien mit Niederlassungen in verschiedenen CISG-Vertragsstaaten geschlossen werden, die Geltung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (BGBl 1989 II. Seite 588) vor (vgl. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 CISG; v. Caemmerer/ Schlechtriem, Kommentar zum CISG, 2. Auflage, Art. 3 RdNr. 3). Die Niederlassungsstaaten der Firma PCD und der Beklagten, Deutschland und Österreich, sind Vertragsstaaten. Es kann ferner nicht davon ausgegangen werden, daß die Firma PCD und die Beklagte bei Regelung des für sie maßgebenden Vertragsstatuts die Anwendung lediglich bestimmter Normen des deutschen Rechts (etwa: des BGB bzw. des HGB) vereinbaren und damit die Anwendung anderer Rechtsvorschriften ausschließen wollten (vgl. Art. 6 CISG; von Caemmerer/Schlechtriem, a.a.O., Art. 6 RdNr. 16). Die vertragliche Regelung muß vielmehr so verstanden werden, daß das maßgebende deutsche Recht in seiner zum maßgebenden Zeitpunkt jeweils geltenden Fassung zur Anwendung kommen soll.

bb) Anspruchsgrundlage im Falle einer mangelhaften Leistung wäre damit im vorliegenden Falle Art. 45 Abs . 1 b i.V.m. Art. 74 CISG.

Ob die Beklagte hier eine nicht vertragsgemäße Leistung i.S.v. Art. 45 Abs. 1 i.V.m. Art. 35 CISG erbracht hat, ist strittig. Hierauf kommt es indessen gar nicht mehr an, denn die Firma PCD hat etwaige Mängel nicht nach Art. 39 Abs. 1 CISG rechtzeitig gerügt.

Rügepflichtig nach Art. 39 CISG ist jede Vertragswidrigkeit, die der Verkäufer bei ordnungsgemäßer Untersuchung (Art. 38 CISG) festgestellt hat bzw. hatte feststellen könen, sowie jede später erkannte Vertragswidrigkeit ohne Rücksicht auf den Entstehungsgrund (von Caemmerer/Schlechtriem, a.a.O., Art. 39 RdNr. 5). Im vorliegenden Fall ist bereits sehr zweifelhaft, ob die erst nach vollständiger Verarbeitung des gelieferten Granulats erfolgte Mängelrüge durch die Firma Danaklon den Bestimmungen des CISG genügen könnte. Wenn die Beklagte Ausgangskontrollen ihres Produkts vornehmen konnte und mußte, wäre es der Firma Danaklon wohl zumutbar gewesen, ihrerseits Eingangskontrollen (vgl. Art. 38 Abs. 1 CISG) durchzuführen und dabei entdeckte Mängel innerhalb angemessener Frist zu rügen. Bei der Bestimmung der 'angemessenen Frist' sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen; im Normalfall wird bei dauerhaften, nicht saisonabhängigen Waren ein Zeitraum von ca. 8 Tagen zugrundezulegen sein (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, a.a.O., Art. 39 RdNr. 17).

Ein Käufer wie die Firma PCD, der die Untersuchung seinem Abnehmer überlaßt, muß sich dessen Handeln bzw. Unterlassen zurechnen lassen (von Caemmerer/ Schlechtriem, a.a.O., Art. 38 RdNr. 26).

Hier kommt aber noch hinzu, daß die Firma PCD ihrerseits nach Eingang der Mangelrüge der Firma Danaklon immer noch nicht sofort die Beklagte verständigt, sondern sich zunächst an die Klägerin gewandt hat. Nach Sachvortrag erhielt die Beklagte erstmals mit Schreiben der Klägerin vom 17.9.1993 davon Kenntnis, daß ihre Anfang Juni des Jahres angelieferten Granulat-Chargen mangelhaft gewesen sein sollen. Damit ist die Rüge im Vertragsverhältnis der Firma PCD zur Beklagten unzweifelhaft verspätet; die Beklagte kann diese Einwendung nach par. 404 BGB auch der Klägerin entgegenhalten.

cc) Gründe für eine Entschuldigung der verspäteten Rüge i.S.v. Art. 44 CISG sind nicht dargetan.

Eine Entschuldigung könnte immer nur nach Maßgabe von Billigkeitserwägungen angenommen werden, da ein Schuldner, der die angemessene Frist des Art. 39 CISG verstreichen läßt, stets gegen die Anforderungen kaufmännischer Sorgfalt verstößt (von Caemmerer/Schlechtriem, a.a.O., Art. 44 RdNrn. 4, 5). Der Schuldner ist deshalb entschuldigt, wenn sein Verhalten nach den Umständen des Einzelfalls billigerweise ein gewisses Verständnis und eine gewisse Nachsicht verdient. Eine wesentliche Rolle spielen dabei das Gewicht des Pflichtverstoßes, die Art der Ware und die Art des Mangels sowie eine etwa mangelnde Erfahrung des Käufers. Die Vorschrift greift insbesondere Platz bei Käufern, die ein Einzelhandelsgewerbe, ein Handwerk, einen landwirtschaftlichen Betrieb oder einen freien Beruf betreiben, während größere Betriebe wie die Firma PCD, deren Geschäft auf rasche und pünktliche Abwicklung eingerichtet sein muß, sich in der Regel an ihrem Pflichtverstoß werden festhalten lassen müssen (vgl. i.e. von Caemmerer/Schlechtriem, a.a.O., Art. 44 RdNr. 6 ff.). So ist es auch hier.

c) Ansprüche der Firma PCD gegen die Beklagte auf außervertraglicher Grundlage sind ebenfalls nicht ersichtlich, so daß eine Abtretung auch insoweit ins Leere ging:

aa) Legt man deutsches Recht zugrunde, hat die Beklagte weder ein absolut geschütztes Recht der Firma PCD im Sinne von par. 823 Abs. 1 BGB verletzt noch ansonsten eine unerlaubte, zum Schadenersatz verpflichtende Handlung im Sinne der parr. 823 ff. BGB begangen. Auch eine Haftung nach dem Produkthaftungsesetz kommt mangels Verletzung der in par. 1 Abs. 1 ProdHaftG genannten Rechtsgüter nicht in Betracht. Bei der Firma PCD ist - allenfalls - ein Vermögensschaden eingetreten; Schäden der Firma Danaklon kann die Firma PCD gegenüber der Beklagten nicht geltend machen.

bb) Ausländisches (hier insbesonders: österreichisches) Recht kann hier nicht zur Anwendung kommen, da die Firma PCD und die Beklagte ihre vertraglichen Beziehungen deutschem Recht unterstellt haben, so daß nach Auffassung des Senats auch für etwaige deliktsrechtliche Ersatzansprüche aus Vertragsverstößen eine akzessorische Anknüpfung an das Vertragsstatut zu erfolgen hat (vgl. dazu Palandt, BGB, 54. Auflage, Art. 38 EGBGB RdNr. 17). Vereinbarungen über das maßgebende Recht sind auch im Bereich der unerlaubten Handlung beachtlich; eine solche Vereinbarung kann stillschweigend geschlossen werden und sich sogar aus dem Prozeßverhalten der Parteien ergeben (vgl. Palandt, a.a.O., Art. 38 EGBGB, RdNr. 13; BGH NJW 81, 1606/7). Ferner ist im vorliegenden Fall noch zu berücksichtigen, daß sich die Vorfrage, ob ein Geschehen überhaupt als unerlaubte Handlung zu qualifizieren ist, nach deutschem Recht entscheidet (Palandt, a.a.O., Art. 38 EGBGB, RdNr. 2).

Letztlich würde aber auch die Anwendung österreichischen Rechts nicht zu einem anderen als dem darstellten Ergebnis führen, da auch das österreichische Produkthaftungsgesetz bei bloßer Verletzung von Forderungsrechten keinen Schadensersatz zuspricht (vgl. 1 Abs. 1 ÖProdHaftG), eine Rückgriffshaftung nach par. 12 ÖProdHaftG schon mangels bisher geleisteten Schadenersatzes nicht in Betracht kommt und die Generalklausel des österreichischen Deliktsrechts ( par. 1295 A BGB) jedenfalls bei bloßen Vermogensschäden so ausgelegt werden muß, daß Ansprüche nur unter den Voraussetzungen der entsprechenden vertragsrechtlichen Regelungen begründet werden. (zur Konkurrenz deliktsrechtlicher Ansprüche mit dem CISG vgl. im übrigen vom Caemmerer/Schlechtriem, a.a.O., Art. 45 RdNrn. 46 ff.).

[...]}}

Source

Original in German:
- Unpublished

Lower instance:
- Landgericht München I, 07-03-1994, No. 14 HKO 23317/93 (Unpublished)}}