Data

Date:
14-12-2006
Country:
Germany
Number:
2 U 923/06
Court:
Oberlandesgericht Koblenz
Parties:
--

Keywords

LACK OF CONFORMITY OF GOODS - PACKAGING OF GOODS (ART. 35 CISG (C)) -MUST BE ADEQUATE TO PRESERVE AND PROTECT THE GOODS

LACK OF CONFORMITY - APPARENT AFTER PASSING OF RISK TO BUYER - SELLER LIABLE WHEN LACK OF CONFORMITY EXISTED AT THE TIME RISK PASSED TO THE BUYER (36 CISG)

BUYER RELEASED FROM PAYMENT OF PRICE WHEN DAMAGE TO GOODS DUE TO AN ACT OR OMISSION OF THE SELLER (ART. 66 CISG)

NOTICE OF LACK OF CONFORMITY (ART. 39 CISG) - REQUIREMENTS - DESCRIPTION OF THE SIGNS OF THE DEFECTS SUFFICIENT

BUYER’S RIGHT OF AVOIDANCE FOR LACK OF CONFORMITY – NOTICE OF AVOIDANCE – WITHIN A REASONABLE TIME (ART. 49(2)(B) CISG)

RIGHT TO REDUCE PRICE (ART. 50 CISG) – NO TIME LIMIT – BUYER’S RIGHT TO REDUCE PRICE UP TO ZERO IN CASE OF WORTHLESSNESS OF DELIVERED GOODS

DETERMINATION OF VALUE OF NON-CONFORMING GOODS - REFERENCE TO TIME OF DELIVERY AS TIME AT WHICH THE VALUE OF GOODS MUST BE DETERMINED - TO BE INTERPRETED AS REFERENCE TO THE TIME GOODS ARE AVAILABLE TO BUYER AT THEIR FINAL DESTINATION

Abstract

An Italian seller and a German buyer concluded a contract for the sale of a certain number of bottles to be delivered "ex factory" and taken over by a carrier employed by the buyer. After delivery, the buyer refused to pay the price alleging that on account of defective packaging the bottles were either broken or had lost their sterility, thus being unsuitable for use. The seller sued the buyer for payment.

The First Instance Court ruled in favour of the buyer, finding that the bottles had been improperly packaged by the seller. On appeal, the seller contested any responsability, stating that the risk of damage to the goods had passed to the buyer when the goods had been put at the carrier's disposal at its place of business.

The Appeal Court confirmed the First Istance Court's decision.

After finding that CISG was applicable to the merits of the dispute according to its Art. 1(1)(a), the Court held that the seller had breached the contract by packing the bottles inappropriately according to Art. 35(2)(d) CISG and therefore, although the risk should have passed to the buyer when the goods were handed over to the buyer's carrier, the seller was liable for damage because lack of conformity of the goods already existed at the time the risk had passed to the buyer under the contract (Art. 36 CISG). As a result, since the damage was due to its action or omission, the seller could not recover the full purchase price for the goods (Art. 66 CISG).

The Court also found that, although the buyer had lost the right to declare the contract avoided under Art. 49(2)(b)CISG, it could nonetheless obtain a price reduction because the buyer's refusal to pay the price - after it had given proper notice of lack of conformity of the goods - could be interpreted as a reduction of the price to zero as the goods had lost their entire value on account of defective packaging by the seller (Art. 50 CISG). In reaching such a conclusion the Court found that the reference in Art. 50 to the "time of delivery" as the time when the actual value of the delivered goods must be appreciated should be interpreted as meaning the time the goods were made available to the buyer after arrival at their final destination.

As to the seller's argument that the buyer did not specify the defects in its notice of the defects as required by Art. 39 CISG, the Appeal Court stated that in the case at hand the requirements of Art. 39 CISG had been met, since it was sufficient that the buyer had described the defects without specifying the causes.

Fulltext

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Henrich, die Richterin am Oberlandesgericht Au und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert
am 14. Dezember 2006
einstimmig
beschlossen:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bad Kreuznach vom 26. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

Der Senat hat gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit Hinweisverfügung des Vorsitzenden vom 10.10.2006 darauf hingewiesen, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Auch sind die Erfolgsaussichten der Berufung verneint worden. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Hinweisverfügung vom 10.10. 2006 Bezug.

Die Klägerin hat gemäß Schriftsatz vom 28.11.2006 (GA 127) der Zurückweisung der Berufung in Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO widersprochen. Die Ausführungen geben dem Senat zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

Der Senat hat keinesfalls übersehen, dass die Klägerin nur eine Lieferung der Flaschen ab Werk geschuldet hat. Dies hat die Klägerin sowohl in erster Instanz als auch in der Berufungsinstanz dargelegt. Die Berufung hat in ihrer Berufungsbegründungsschrift ausgeführt, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgegingen, dass die Beklagte die Lieferungen in L… abzuholen hatte. Die Beklagte hat die Ware beim italienischen Hersteller durch einen Spediteur abholen lassen. Die Klägerin vermag sich nicht damit zu entlasten, es habe sich nicht um einen Versendungskauf gehandelt, bei dem der Verkäufer auf Verlangen des Käufers auch für die Versendung der Ware sorge. Damit sei die Gefahr auf die Beklagte übergegangen, als die Klägerin die Ware dem Spediteur beim italienischen Hersteller zur Verfügung gestellt habe. Die Ware sei deshalb auf Gefahr der Beklagten gereist. Die Berufung übersieht, dass die Mangelhaftigkeit der Flaschen nicht auf einen Transportschaden zurückzuführen ist, sondern ihre Ursache in der Brüchigkeit und Ungeeignetheit der Verpackungsfolie hatte. Die Feststellung des Landgerichts, dass die Verpackungen der betreffenden Weinflaschen wegen Ungeeignetheit der Flaschen mangelhaft waren, wird von der Berufung ausdrücklich nicht angegriffen. Die Berufung hat in ihrer Berufungsbegründung selbst eingeräumt, dass die Klägerin verpflichtet gewesen sei, für eine Verpackung zu sorgen, die eine Beförderung per LKW zum Bestimmungsort ermöglichte (Art. 35 Abs. 2 d) CISG).

Die Berufung verkennt, dass mit der Übergabe der Ware an den Spediteur der Beklagten die Gefahr des Untergangs oder der Beschädigung der Ware zwar auf die Beklagte gemäß Art. 66, 67, 69 CISG übergegangen ist. Dies hat die Klägerin jedoch nicht von der Verpflichtung entbunden, für eine ordnungsgemäße Verpackung zu sorgen, die sicherstellt, dass die Ware auch unbeschädigt am Bestimmungsort ankommt. Art. 66 CISG bestimmt, dass der Untergang oder die Beschädigung der Ware nach Übergang der Gefahr auf den Käufer diesen nicht von der Pflicht befreit, den Kaufpreis zu zahlen, es sei denn, dass der Untergang oder die Beschädigung auf eine Handlung oder Unterlassung des Verkäufers zurückzuführen ist.

Die Vorschriften über den Gefahrübergang setzen voraus, dass der Untergang oder die Beschädigung der Ware dem Verkäufer nicht zugerechnet werden können. Sind Untergang oder Beschädigung Folge eines Vertragsbruchs des Verkäufers, greifen die Vorschriften zu den Rechtsbehelfen des Käufers ein. Art. 36 bringt diese Grenzziehung klar zum Ausdruck, indem er bestimmt, dass der Verkäufer für eine Vertragswidrigkeit haftet, die im Zeitpunkt des Gefahrübergangs besteht oder nach diesem Zeitpunkt als Folge einer Vertragsverletzung des Verkäufers eintritt. Entsprechend wird nach Art. 66 vom Gefahrübergang der Fall ausgenommen, dass der Untergang oder die Beschädigung der Ware auf eine Handlung oder Unterlassung des Verkäufers zurückzuführen ist. Führen Handlungen des Verkäufers zum Untergang der Ware, dürfte es sich in der Regel um Vertragsverletzungen handeln (vgl. Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht-CISG, 3. Aufl. 2000, Art. 66 Rn. 5).

Die Klägerin hat danach für Schäden der Ware einzustehen, die durch eine mangelhafte Verpackung vor Gefahrübergang auf die Beklagte bzw. deren Spediteur eingetreten sind. Dem liegt der einleuchtende Grundgedanke zugrunde, dass der Verkäufer für Schäden an der Ware, die er selbst zu verantworten hat, trotz Gefahrübergang nicht den vollen Kaufpreis erhalten soll (Staudinger, BGB, Wiener Un-Kaufrecht (CISG), 2005, Art. 66 Rn. 12/13).

Die Beklagte ist auch berechtigt, von ihrem Recht auf Minderung des Kaufpreises Gebrauch zu machen. Es stand der Beklagten frei, ob sie von ihrem Recht auf Vertragsaufhebung, Minderung oder Schadensersatz Gebrauch gemacht hat. Der Käufer einer Sache kann die Minderung des Kaufpreises auch dann erklären, wenn eine Vertragsaufhebung – wie hier – aus irgendeinem Grund, z.B. Versäumung der Frist nach Art. 49 Abs. 2 b) CISG, nicht mehr möglich ist oder er eine Rügefrist versäumt hat (Schlechtriem, aaO, Art. 50 Rn. 13; Staudinger, aaO, Art. 50 Rn. 23). Diese Recht der Minderung kann auch als Einrede gegenüber der Klage auf Zahlung des Kaufpreises geltend gemacht werden (Schlechtriem, aaO, Art. 50 Rn. 16).

In der Weigerung, den Kaufpreis zu zahlen – nach erfolgter Rüge der Mangelhaftigkeit der gelieferten Flaschen – kann eine Minderung des Kaufpreises auf null gesehen werden (Art. 50 i.V.m. Art. 45 ff. CISG; vgl. auch Schlechtriem, aaO, Art. 50 Rn. 13 m.w.N.; Staudinger, aaO, Art. 50 Rn. 23). Die Argumentation der Berufung, nach Art. 50 S. 1 CISG komme es sowohl im Hinblick auf das „ob“ als auch im Hinblick auf den Umfang eines Minderungsrechts auf den Wert der Ware im Zeitpunkt der Lieferung an, d.h. vertragsgemäße, aber schlecht verpackte Flaschen seien am Ort der Lieferung bzw. vor der anstehenden Beförderung genauso viel wert wie ordnungsgemäß verpackte Flaschen, deshalb stehe der Beklagten kein Minderungsrecht, sondern allenfalls nur ein Schadensersatzanspruch zu, überzeugt nicht. Wenn die Verpackung der Flaschen derart schlecht war, dass eine ordnungsgemäße Beförderung zum Bestimmungsort nicht gewährleistet war, berechtigt der Eintritt des Schadens – hier Zerbrechen der Flaschen oder mangelnde Sterilität – zur Geltendmachung des vollen Minderungsanspruchs. Die Minderung ist nicht am Maßstab des Wertes einer ordnungsgemäßen Verpackung zu einer schadhaften Verpackung zu messen (GA 128).

In Anlehnung zum Versendungskauf, bei dem die Gefahr des zufälligen Untergangs oder Beschädigung der Sache auch mit Übergabe der Ware an den Beförderer auf den Käufer (Beklagte) übergeht, kommt es nicht darauf an, wie viel die Ware wert war, als der Verkäufer (Klägerin) sie dem Beförderer zur Übermittlung an den Käufer aushändigte. Der Wert der Ware, die in Kenntnis des Verkäufers von einem bestimmten Ort verpackt auf die Reise gebracht werden soll, bemisst sich von vorneherein nach dem, was die Ware nach dem Eintreffen am Bestimmungsort wert sein wird. Der Wert der Ware „zum Zeitpunkt der Lieferung“ ist im Falle des Versendungskaufs wie auch dem hier vorliegenden Fall mit dem Wert der Ware nach Eintreffen am Bestimmungsort identisch. Zu schätzen und zu vergleichen sind also die beiden Werte zu dem Zeitpunkt, zu dem die Ware nach Eintreffen am Bestimmungsort zur Verfügung des Käufers steht. Nur Verschlechterungen der Ware, die in der Zeit zwischen Gefahrübergang und Schätzung eingetreten sind und für die der Käufer nach Art. 66 HS 2 einzustehen hat, dürfen bei der Feststellung des tatsächlichen Werts der gelieferten Ware nicht berücksichtigt werden, d.h. die Ware ist in diesen Fällen so zu bewerten, als ob diese Verschlechterungen nicht eingetreten sind (Schlechtriem, aaO, Art. 50 Rn. 11). Hier geht aber die Beschädigung der Ware auf eine wesentliche Vertragsverletzung der Klägerin zurück, die Vertragswidrigkeit hat im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bestanden und die Beschädigung der Ware ist nur eine Folge der Vertragswidrigkeit der Klägerin. Die Ware hatte zum Zeitpunkt des Eintreffens am Bestimmungsort keinen Wert mehr, so dass die Minderung des Kaufpreises auf null berechtigt ist.

Die Berufung wendet sich weiterhin ohne Erfolg gegen die Auffassung des Landgerichts und des Senats, dass der Mangel nach Art. 39 CISG ordnungsgemäß gerügt worden ist. Wie bereits mit Hinweisverfügung vom 10.10.2006 ausgeführt (GA 121), soll der Verkäufer durch diese Vorschrift, nach welcher der Käufer die „Art der Vertragswidrigkeit genau“ zu bezeichnen hat, in die Lage versetzt werden, sich ein Bild über die Vertragswidrigkeit zu machen, um die erforderlichen Schritte zu ergreifen. Dabei hat der Käufer jedenfalls die gerügten Qualitätsabweichungen zu bezeichnen, wobei es nur auf die Darlegung der Symptome, nicht aber die Angabe der diese zu Grunde liegenden Ursachen ankommt (BGH NJW-RR 2000, 1361 m.w.N.). Für die Erhebung einer ordnungsgemäßen Rüge genügte es, dass Herr C… in italienischer Sprache Herrn Ca… telefonisch über den Zustand der Lieferung informiert hat. Der Hinweis, die Paletten seien falsch geladen worden und die Folien seien „auseinander“ reicht aus, um die Art der Vertragswidrigkeit genau zu bezeichnen. Die Beklagte hat den Mangel der schlechten Verpackung der Flaschen damit in ausreichender Weise gerügt.

Die Ausführungen der Berufung auf Seiten 3 und 4 des auf die Hinweisverfügung des Senats ergangenen Schriftsatzes vom 28.11.2006 erschöpfen sich in Spekulationen, welche Ursachen der Mangel der Folie gehabt habe. Die Berufung meint, es sei denkbar, dass die Paletten von der Beklagten bzw. dem Spediteur falsch geladen worden seien und es dadurch möglicherweise zu einem Zerreißen der Folie gekommen sei. Ebenso hätten die Paletten im Verlaufe einer Umladung, etwa auf dem Gelände des von der Beklagten beauftragten Spediteurs beschädigt werden können, mit der Folge, dass auch die Folie in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Dem steht entgegen, dass nach den Feststellungen des Landgerichts, gestützt auf das Ergebnis der Beweisaufnahme, die Ursache eindeutig in der Brüchigkeit und damit Ungeeignetheit der Verpackungsfolie gesehen wurde, die für die Stabilität und Sterilität der Weinflaschen sorgen sollte. Der Mangel ist ordnungsgemäß und auch nicht verspätet gerügt worden.

Die Berufung der Klägerin war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.557,35 € festgesetzt.}}

Source

Original in German:
- available at the University of Basel website, http://www.cisg-online.ch

English Translation:
- available at the University of Pace website, http://www.cisg.law.pace.edu}}