Data

Date:
25-11-1998
Country:
Germany
Number:
VIII ZR 259/97
Court:
Bundesgerichtshof
Parties:
Unknown

Keywords

APPLICATION OF CISG - CHOICE OF THE LAW OF A CONTRACTING STATE AS GOVERNING LAW OF THE CONTRACT

NON CONFORMITY OF GOODS - TIME OF NOTICE (ART. 39 CISG)- WAIVER OF THE RIGHT TO PLEAD THAT NOTICE WASS UNTIMELY

INTERPRETATION OF STATEMENTS AND CONDUCT (ART. 8 (2) CISG) - UNDERSTANDING OF A REASONABLE PERSON

Abstract

A German seller and an Austrian buyer concluded a contract for the sale of adhesive foil covers which were to be applied on steel sheets produced by the buyer and sold on to a customer for further processing. Following the customer's complaint, the buyer gave notice to the seller of lack of conformity 24 days after delivery, alleging that the steel sheets were defective, since the adhesive film applied thereon could not be removed without damaging the steel sheets. After lengthy negotiations with the seller regarding the extent and modalities of damages, the buyer asked recovery of all costs incurred by its customer in cleaning the steel sheets, plus interest.

The appellate Court (Oberlandesgericht Karlsruhe, 25-06-1997, see Abstract and Full Text in UNILEX) reversed the lower Court's decision (Landgericht Heidelberg, 02-10-1996) which was in favor of the buyer and dismissed the action because the notice of the defects had not been given within a reasonable time (Art. 39(1) CISG).

The Supreme Court agreed with both the lower and the appellate Court in that the parties' choice of the law of a contracting State as the law governing the contract (in the case at hand, German law), leads to the application of CISG as part of the domestic law of that State.

Unlike the appellate Court, however, the Supreme Court did not decide whether the buyer had properly examined the goods (Art. 38 CISG) or given notice of the lack of conformity within a reasonable time (Art. 39(1) CISG). It also left open whether or not the seller had lost its right to rely on Arts. 38 and 39 CISG because he had acted in bad faith (Art. 40 CISG).

In the Supreme Court's opinion, during negotiations on the determination of damages the seller had implicitly waived its right to set up the defense that notice of lack of conformity was not timely. The Court held that although as a general rule the mere availability of the seller to an amicable settlement does not constitute such a waiver, in the case at hand the parties had negotiated for almost 15 months on the measure and modalities of the payment of damages for non conformity, without the seller expressly or implicitly reserving the defense that notice of lack of conformity had not been timely. This conduct could only be reasonably interpreted by the buyer as an implied waiver of the defense (Art. 8 (2) and (3) CISG).

Fulltext

Tatbestand:

Die Klägerin, eine österreichische Firma mit Sitz in Wien, stellt Edelstahlbleche her, die sie zur Weiterverarbeitung an ihre Abnehmer liefert. Zum Schutz vor Beschädigungen beim Transport und bei der Verarbeitung beschichtet sie die Bleche mit selbstklebenden Folien, die sich nach der Verarbeitung der Bleche rückstandsfrei wieder entfernen lassen müssen.

Derartige Schutzfolien hatte die Klägerin, die mit der in Heidelberg ansässigen Beklagten seit mehreren Jahren in Geschäftsbeziehung steht, bereits wiederholt von der Beklagten bezogen, ohne daß es zu Reklamationen gekommen war. Im März 1995 bestellte sie bei der Beklagten erneut 7.500 m2 Folie, die am 28. März 1995 geliefert wurde. Die Klägerin untersuchte die Lieferung auf Vollständigkeit und äußere Mangelfreiheit; eine Probeverarbeitung führte sie nicht durch. In der Folgezeit verwendete sie die Folien unter anderem für eine Partie geschliffener Edelstahlbleche, die sie an ihre Abnehmerin, die Firma B. GmbH, lieferte. Diese teilte am 2O. April 1995 der Klägerin mit, nach dem Abziehen der Folie hafte "der komplette Kleberückstand wie ein Klebefilm auf der geschliffenen Oberfläche." Daraufhin rügte die Klägerin am 21. April 1995 die Vertragswidrigkeit gegenüber der Beklagten.

Die Firma B. reinigte die Edelstahloberflächen und wandle hierfür insgesamt 492.240 ö.S. auf, die ihr die Klägerin ersetzte. Anschließend versuchten die Parteien vergeblich, sich über die Regulierung des Schadens zu einigen. Im Rahmen dieser Verhandlungen berief sich die Beklagte nicht darauf, daß ihr die Klägerin die Mangelhaftigkeit der Folie erst am 21. April 1995 mitgeteilt hatte.

Im vorliegenden Verfahren verlangt die Klägerin von der Beklagten Erstattung der an die Firma B. als Schadensersatz gezahlten 492.240 ö.S.. Sie ist der Auffassung, sie habe den Mangel rechtzeitig nach den Bestimmungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (im folgenden: CISG) gerügt; die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die eine Rügefrist von acht Tagen vorsähen, seien nicht Vertragsinhalt geworden. Der Mangel sei erst mit fortlaufender Zerstörung des Klebefilms offenbar geworden. Überdies habe die Beklagte sie arglistig getäuscht, weil sie statt des früher eingesetzten - einwandfreien - Kautschukklebers einen anderen Kleber verwendet habe.

Die Beklagte hat die Mängelrüge für verspätet gehalten. Darüber hinaus hat sie eingewandt, den bei der beanstandeten Lieferung verwendeten Acrylatkleber habe sie auch schon früher aufgebracht. Nicht dieser Klebertyp, sondern die konkret verwendete Klebercharge sei - für sie nicht vorhersehbar - fehlerhaft gewesen

Das Landgericht hat mit Grund- und Teilurteil vom 2. Oktober 1996 den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Beklagte zur Zahlung von 35.160 ö.S. verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:

I. Die Beklagte war in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten. Ober die Revision der Klägerin ist daher antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil aber nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf der Prüfung des gesamten noch erheblichen Sach- und Streitstandes (BGHZ 37, 79, 81 f).

II. Das Berufungsgericht führt aus, auf die Rechtsbeziehungen der Parteien sei das UN-Kaufrecht anzuwenden, weil Deutschland und Österreich Vertragsstaaten des UN-Übereinkommens seien und sich aus der Rechtswahl in Nr. 13 der AGB der Beklagten ("Es gilt deutsches Recht") nichts Gegenteiliges ergebe.

Die gelieferte Folie sei zwar vertragswidrig im Sinne der Art. 35, 36 CISG; die Klägerin sei jedoch ihrer Pflicht, die Ware gemäß Art. 38 CISG "innerhalb kurzer Frist" zu untersuchen, nicht nachgekommen. Zur Untersuchung der Ware sei eine Probeverarbeitung geboten gewesen, mit der die Klägerin innerhalb von drei bis vier Tagen nach Lieferung hätte beginnen müssen. Sie hätte sodann während eines Zeitraumes von höchstens zehn bis elf Tagen seit Lieferung die Fehlerhaftigkeit feststellen können, weil die Fleckenbildung infolge von Kleberückständen - wie sich aus dem von ihr vorgelegten Gutachten des österreichischen Kunststoffinstituts ergebe - spätestens nach sieben Tagen sichtbar geworden sei. Mithin sei die Anzeigefrist des Art. 39 CISG zehn bis elf Tage nach der am 28. März 1995 erfolgten Lieferung, d.h. am 7. oder 8. April 1995, in Lauf gesetzt worden. Für den vorliegenden Fall einer nicht verderblichen Ware sei eine Anzeigefrist von etwa acht Tagen angemessen. Die Rüge vom 21. April 1995 sei daher um mehrere Tage verspätet. Es sei der Beklagten auch nicht nach Art. 40 CISG verwahrt, sich auf die Fristversäumung zu berufen; denn die Klägerin habe keinen Beweis dafür angeboten, daß die Beklagte die Vertragswidrigkeit der Kleberbeschichtung kannte oder hierüber "nicht in Unkenntnis sein konnte". Im übrigen habe die Klägerin die Behauptung der Beklagten, sie habe Acrylat-Kaschierkleber schon mehrfach auf ihre Folien aufgebracht, ohne daß sich beim Abziehen Kleberückstände gebildet hätten, nicht widerlegen können. Dieses Vorbringen der Beklagten deute auf einen fehlerhaften Kleber hin, nicht aber auf die generelle Ungeeignetheit des Klebertyps.

Eine "vernünftige Entschuldigung" für die Versäumung der Anzeigefrist, die ihr den Schadensersatzanspruch gemäß Art. 44 CISG erhalten würde, habe die Klägerin nicht vorzubringen vermocht. Art. 44 CISG beziehe sich nur auf die Anzeigefrist des Art. 39 Abs. 1 CISG; er greife daher nicht ein, wenn die Anzeige - wie hier - allein deshalb verspätet sei, weil der Käufer die nach Art. 38 CISG vorgesehene Untersuchung nicht ordnungsgemäß ausgeführt habe.

Schließlich habe die Beklagte ihr Recht, sich auf die Verspätung der Rüge zu berufen, auch nicht verwirkt. Zwar seien nach den Art. 7 Abs. 1, 80 CISG insoweit auch die Grundsätze von Treu und Glauben maßgebend. Es stelle aber keine unter diesem Gesichtspunkt unzulässige Rechtsausübung dar, wenn die Beklagte nunmehr die Fristversäumnis einwende, obwohl sie dies vorprozessual nicht getan, sondern ausschließlich über den gerügten Mangel und die Schadensregulierung verhandelt habe. Für § 377 HGB sei anerkannt, daß ein Verhandeln über den gerügten Mangel nicht schon den Verzicht des Verkäufers auf den Verspätungseinwand bedeute. Eine andere Beurteilung würde dazu führen, daß jede Verhandlungsbereitschaft - auch aus Kulanzgründen - für die Verkäuferin die Gefahr mit sich brächte, den Verspätungseinwand zu verlieren; dies sei nicht sachgerecht. Besondere Umstände, die (ausnahmsweise) auf einen eindeutigen Verzicht der Beklagten schließen ließen, seien von der Klägerin nicht vorgetragen worden und ergäben sich auch nicht aus dem vorgelegten Schriftwechsel der Parteien.

III. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht von der Anwendbarkeit des CISG ausgegangen und hat dies auch für den Fall bejaht, daß die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten Vertragsinhalt geworden sind; wie das Berufungsgericht richtig dargelegt hat, führt die Verweisung auf deutsches Recht (hier: durch Nr. 13 der AGB der Beklagten) grundsätzlich zur Maßgeblichkeit des UN-Kaufrechts, das als Bestandteil des deutschen Rechts und Spezialgesetz für den internationalen Warenkauf dem unvereinheitlichten deutschen Kaufrecht vorgeht. Daß im vorliegenden Fall ausnahmsweise etwas anderes gelten sollte, wird von den Parteien nicht geltend gemacht.

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Berufungsgericht darin zu folgen wäre, daß die Klägerin im gegebenen Fall eine Probeverarbeitung der Folien hätte vornehmen müssen (Art. 38 CISG) und daß sie infolge der Unterlassung einer solchen Untersuchung die Anzeigefrist des Art. 39 Abs. 1 CISG versäumt hat, daß überdies der Beklagten der Verspätungseinwand nicht wegen Bösgläubigkeit abgeschnitten war (Art. 40 CISG) und die Klägerin auch keine vernünftige Entschuldigung für die Verspätung ihrer Rüge hatte (Art. 44 CISG). Dies alles bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Die Beklagte kann sich jedenfalls deshalb nicht mehr auf die geltend gemachte Verspätung berufen, weil sie im Verlaufe der Verhandlungen über die Schadensregulierung auf diesen Einwand stillschweigend verzichtet hat.

Zwar ist die Auslegung individueller rechtsgeschäftlicher Erklärungen in erster Linie Aufgabe des Tatrichters und in der Revisionsinstanz nur begrenzt nachprüfbar. Die Bewertung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihr Recht, sich auf die nicht rechtzeitige Rüge zu berufen, nicht verloren, beruht aber, wie die Revision zu Recht rügt, auf der Verletzung anerkannter Auslegungsregeln, insbesondere des Grundsatzes einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung, und läßt wesentlichen Prozeßstoff außer acht (§ 286 ZPO).

a) Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen schon nicht hinreichend erkennen, ob es das vorprozessuale Verhalten der Beklagten (nur) unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung oder auch im Hinblick auf einen davon zu unterscheidenden etwaigen stillschweigenden Verzicht der Beklagten auf den Verspätungseinwand würdigen wollte. Die Frage einer Verwirkung kann indessen dahinstehen; denn jedenfalls ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein stillschweigender Verzicht der Beklagten auf die Geltendmachung des Verspätungseinwands anzunehmen.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist anerkannt, daß der Verkäufer auf den Einwand der Verspätung einer Mängelrüge auch stillschweigend verzichten kann. Die Möglichkeit eines derartigen Verzichts wird für den Geltungsbereich des § 377 HGB insbesondere dann bejaht, wenn der Verkäufer die beanstandeten Waren vorbehaltlos zurückgenommen oder vorbehaltlos Nachbesserung versprochen oder den Verspätungseinwand nicht erhoben hat. Allerdings ist in der bloßen Aufnahme von Verhandlungen über die vom Käufer gerügten Mängel in der Regel noch kein solcher Verzicht zu sehen, da hierin auch der Wunsch des Verkäufers liegen kann, zunächst eine gütliche Beilegung des Streits über die Mängel zu versuchen. Selbst der Umstand, daß der Verkäufer den Verspätungseinwand erst im Prozeß, unter Umständen sogar erst im Berufungsrechtszug erhoben hat, begründet - jedenfalls für sich allein - einen stillschweigenden Verzicht nicht (vgl. insgesamt Senatsurteil vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 149/90 = BGHR HGB § 377, Verspätungseinwand 1 m.w.Nachw.).

Da ein Verzicht auf Rechte im allgemeinen nicht zu vermuten ist, müssen eindeutige Anhaltspunkte vorliegen, die der Käufer als Aufgabe des Rechts - hier: des Verspätungseinwands - durch den Vertragspartner verstehen darf. Dementsprechend scheidet die Annahme eines stillschweigen den Verzichts aus, wenn es sich um Rechte handelt, die dem Erklärenden unbekannt sind und mit deren Bestehen er nicht rechnet (BGH, Urteil vom 16. November 1993 - XI ZR 70/93 = BGHR BGB § 397, Disagio 1; Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 159/95 = WM 1997, 330 unter III).

b) Es bestehen keine Bedenken dagegen, diese für das nationale deutsche Recht entwickelten Grundsätze auch im Geltungsbereich des CISG anzuwenden (vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 1997 - VIII ZR 300/96 = WM 1997, 2313 unter II 1 b). Hiervon ist - an sich zutreffend - auch das Berufungsgericht ausgegangen. Die Revision weist aber zu Recht darauf hin, daß das Berufungsgericht wesentliche Umstände des Sachverhalts nicht ausreichend berücksichtigt hat, wenn es das Verhalten der Beklagten lediglich als Ausdruck einer Verhandlungsbereitschaft - auch aus Kulanzgründen wegen der länger dauernden Geschäftsbeziehung der Parteien - wertet.

Auf die Mängelanzeige der Klägerin hat sich die Beklagte nach eigener Oberprüfung des Mangels vorbehaltlos eingelassen und in der Folgezeit ausschließlich über die Höhe - die Klägerin hat von Anfang an Erstattung des an ihre Abnehmerin gezahlten Betrages von 492.240 ö.S. geltend gemacht, den die Beklagte als überhöht zurückwies - und die Art der Regulierung des Schadens verhandelt. Die Vertragswidrigkeit als solche hat sie zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen. Zu Recht weist überdies die Revision darauf hin, daß die Klägerin bereits in der Klagebegründung - unwidersprochen - vorgetragen hat, die Beklagte habe ihr die Kosten für das Gutachten des österreichischen Kunststoffinstituts in Höhe von 11.300 ö.S. erstattet. Des weiteren hat die Beklagte ausweislich ihres Schreibens vom 31. Juli 1995 angeboten, der Klägerin Reinigungskosten in Höhe von 16.500 DM durch die kostenlose Lieferung von 30.000 m2 Schutzfolie mit Kautschukkleber auszugleichen. Schließlich hat sie mit dem Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 18. Januar 1996 vorgeschlagen, 200.000 ö.S. - je zur Hälfte durch Zahlung in bar und durch Lieferung -zu leisten, eine erhebliche Summe angesichts des Kaufpreises für die umstrittene Lieferung im Wert von 4.275 DM. Wenn die Beklagte mithin nach eigener Überprüfung des gerügten Mangels nahezu 15 Monate lang - bis zur Klageerwiderung vom 9. Juli 1996 - über die Höhe und Modalitäten der Schadensregulierung verhandelte, ohne sich ausdrücklich oder wenigstens für die Klägerin erkennbar den Verspätungseinwand vorzubehalten, und wenn sie hierbei nicht nur Gutachterkosten erstattete, sondern auch - anwaltlich beraten - Schadensersatz anbot, der insgesamt rund das Siebenfache des Warenwertes ausmachte, konnte dies aus der Sicht der Klagerin vernünftigerweise nur dahin verstanden werden (vgl. Art. 8 Abs. 2 und 3 CISG), daß die Beklagte eine Einigung in der Sache anstrebte und sich später nicht zur Abwehr des Ersatzanspruchs der Klägerin auf die angebliche Fristversäumung berufen würde. Unter Berücksichtigung all dieser Gegebenheiten mußte der Gedanke an eine bloße Kulanzregelung für die Klägerin fernliegen. Daß sich die Beklagte der Bedeutung ihres Verhaltens nicht bewußt gewesen ist, weil sie - obwohl anwaltlich beraten - die rechtliche Möglichkeit des Verspätungseinwands verkannt hat, ist auszuschließen; denn die Obliegenheit zur Untersuchung der Ware und zur Anzeige etwaiger Mängel innerhalb angemessener Frist - unbeschadet der Bemessung dieser Frist im Einzelfall - gehört zu den Grundregeln des Handelsverkehrs. Überdies hat die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich eine Rügefrist von acht Tagen vorgesehen; auch hierauf hat sie sich indessen vorprozessual zu keinem Zeitpunkt berufen.

c) Unter diesen Umständen greifen im vorliegenden Fall die Bedenken des Berufungsgerichts nicht durch, die Annahme eines stillschweigenden Verzichts würde dazu führen, daß jede Verhandlungsbereitschaft - auch aus Kulanzgründen -für die Verkäuferin die Gefahr mit sich bringen würde, den Verspätungseinwand zu verlieren. Die Beklagte war nicht gehindert, in geeigneter Form auf die ihrer Meinung nach gegebene Fristversäumung hinzuweisen und sich ihre Rechte vorzubehalten. Dadurch hätte sie der Klägerin gegenüber einen Kulanzcharakter ihrer Schadensersatzangebote und der Kostenerstattung für das Gutachten klargestellt. Ohne einen derartigen Vorbehalt mußte die Beklagte davon ausgehen, daß die Klägerin ihre Zahlungsbereitschaft als Verzicht auf derartige Einwände auffassen würde.

Weitere Feststellungen in diesem Zusammenhang sind nicht zu erwarten. Deshalb kann der Senat selbst das Verhalten der Beklagten dahin auslegen, daß in ihrem vorbehaltlosen Verhandeln zur Schadensregulierung der stillschweigende Verzicht auf die Geltendmachung der eventuellen Verspätung der Mängelanzeige der Klägerin vom 21. April 1995 enthalten war.

3. Nach alledem hat das Landgericht zu Recht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Haftung der Beklagten schließt den Mangelfolgeschaden, den die Klägerin durch ihre Ersatzleistung an ihre Abnehmerin für deren durch die Vertragswidrigkeit der Folien versuchten Schaden erlitten hat, ohne weiteres ein (Art. 74 Satz 1 CISG; Schlechtriem/Stoll aaO Art. 74, Rdnr. 20, 47). Da die Klageforderung auch nach dem diesbezüglichen Vorbringen der Beklagten jedenfalls in Höhe von 35.160 ö.S. berechtigt ist, erweist sich die Berufung der Beklagten gegen das Grund- und Teilurteil des Landgerichts insgesamt als unbegründet.

IV. Die Sache ist in dem Umfang, in dem sie in die Revisionsinstanz gelangt ist, zur Endentscheidung reif. Der Senat hat deshalb selbst ausgesprochen, daß die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 2. Oktober 1996 zurückgewiesen wird (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

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Source

Published in German:
- Neue Juristische Wochenschrift (NJW), 1999, 1259-1261
- Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), 1999, 408-409
- Transportrecht (TranspR-IHR 2/99), 1999, 18-20

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P. Schlechtriem / M. Schmidt-Kessel, Kurzkommentar, in EwiR, Art. 8 CISG, 1/99, 257-258

Reversing:
- Oberlandesgericht Karlsruhe, 25-06-1997. See Abstract and Full Text in UNILEX.}}