Data

Date:
03-12-1997
Country:
Switzerland
Number:
15/96 Z
Court:
Kantonsgericht Nidwalden
Parties:
P. v. I.

Keywords

CONFORMITY OF GOODS - NOTICE OF LACK OF CONFORMITY - FINAL CUSTOMER'S COMPLAINT ABOUT LACK OF CONFORMITY DOES NOT AMOUNT TO NOTICE OF LACK OF CONFORMITY

CONFORMITY OF GOODS - NOTICE OF LACK OF CONFORMITY - PRECISE SPECIFICATION OF LACK OF CONFORMITY (ART. 39(1) CISG)

INTERESTS (ART. 78 CISG) - INTEREST RATE DETERMINED ACCORDING TO DOMESTIC LAW OTHERWISE APPLICABLE

Abstract

An Italian buyer and a Swiss seller have been in commercial relationships since several years for the sale of furniture. As some disputes arose, the parties decided to quit their commercial relationships. The seller requested the buyer to pay the price of the outstanding invoices. The buyer refused to pay alleging non conformity of some delivered furniture for which the seller requested payment. The seller brought an action for the recovery of the unpaid price.

In the Court's opinion the buyer had lost its right to rely on lack of conformity of the goods as it did not give timely notice of lack of conformity specifying the nature of the lack of conformity as required under Art. 39(1) CISG. The Court held that the correspondence between the buyer and its customers, in which the latter complained about some defects in the resold furniture, could not be considered a proper notice of non conformity under Art. 39(1) as such correspondence was external to the contractual relationships between the seller and the buyer. Also the correspondence between the buyer and the seller was not sufficient to meet the requirement of a notice of non conformity. In the opinion of the Court the phrases included in the correspondence were too general and did not specify the nature of the lack of conformity of the goods as required by Art. 39(1) CISG.

The Court decided in favor of the seller and awarded the seller the contract price plus interest according to Art. 78 CISG. Since CISG does not determine the interest rate, the Court applied the Swiss law as the law otherwise applicable to the contract and applied the statutory interest rate of Switzerland.

Fulltext

[…]

A. - Die P. mit Sitz in Pesaro/ Italien produziert Möbel, insbesondere komplette Schlafzimmereinrichtungen, welche sie zur Hauptsache exportiert. Die I. AG mit Sitz in Hergiswil ist als Möbelhändlerin tätig. Die beiden Firmen traten im Jahre 1988 in Geschäftsbeziehungen. Die P. verkaufte dabei von ihr hergestellte Schlafzimmereinrichtungen an die I., welche diese auf eigene Rechnung als Wiederverkäuferin weiter ins Ausland verkaufte, insbesondere in den asiatischen Raum, aber auch in die Schweiz. Da bestimmte Staaten keine Zwischenhändler akzeptierten, trat die I. zuweilen nur als Vermittlerin und die P. selbst als Verkäuferin an den Endkunden auf. Für diese Vermittlertätigkeit bekam die I. Provisionen. Nachdem es zwischen den Parteien zu Differenzen kam, brach die Geschäftsbeziehung im Mai 1995 definitiv ab.

Danach forderte die P. die I. mit Schreiben vom 24. Juli 1995 auf, die Differenz zwischen ihrem Guthaben aus Möbelverkäufen und dem Guthaben der I. aus Provision im Gesamtbetrag von Lit. 251'057'396.-- zu ihren Gunsten zu begleichen. Mit Schreiben vom 12. August 1995 weigerte sich die I., den geforderten Betrag zu bezahlen. Die Forderung blieb in der Folge zwischen den Parteien streitig.

B. - Nach unvermittelter Friedensrichterverhandlung vem 23. Februar 1996 machte die P. die Klage am 23. April 1996 anhängig. Diese wurde vom Gericht zur Ergänzung zurückgewiesen. Mit verbesserter Eingabe vom 20. Mai 1996 klagte die P. gegen die I. vor Kantonsgericht Nidwalden, Zivilabteilung, Grosse Kammer I, und stellte folgende Rechtsbegehren:

"1. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin Lit. 251'057'396.-- zuzüglich 10 % Zins seit dem 1. Januar 1995 zu zahlen.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten."

C. - In ihrer Klageantwort vom 9. September 1996 stellte die Beklagte folgende Rechtsbegehren:

"1. Die Klage der Klägerin vom 20. Mai 1996 sei vollumfänglich abzuweisen;

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen für die Klägerin."

Gleichzeitig erhob die Beklagte Widerklage gegen die Klägerin und stellte dabei folgende Anträge:

"1. Die Widerbeklagte habe der Widerklägerin Lit. 304'468'221.-- zuzüglich 10 %, evtl. 5 % Zins seit dem 1. Januar 1995, evtl. seit der Sühneverhandlung zu bezahlen;

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen für die Widerbeklagte."

D. - Die Klägerin und Widerbeklagte erneuerte mit Replik zur Klage vom 4. November 1996 die Rechtsbegehren in der Klage vollumfänglich und reichte gleichzeitig die Widerklageantwort mit folgenden Anträgen ein:

"1. Die Widerklage vom 9. September 1996 sei vollumfänglich abzuweisen.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Widerklägerin."

E. - Die Beklagte und Widerklägerin reichte am 12. Dezember 1996 ihre Duplik zur Klage sowie die Widerklagereplik ein, beides unter vollumfänglichem Festhalten an den bis dahin gestellten Anträgen.

F. - Am 10. Februar 1997 reichte die Klägerin und Widerbeklagte ihre Beweiseinreden zur Klageduplik sowie die Widerklageduplik ein, wobei sie an den Anträgen gemäss Widerklageantwort festhielt.

G. - Die Beklagte und Widerklägerin legte am 7. März 1997 ihre Beweiseinreden auf.

Auf die Ausführungen der Parteien in den Rechtsschriften wird, soweit sinnvoll und erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.

H. - Die Verhandlung vor Kantonsgericht Nidwalden, Zivilatteilung, Grosse Kammer I, fand am 12. November 1997 statt. Seitens der Klägerin und Widerbeklagten weren die Herren Rechtsanwälte lic. iur. A.B. und Dr. iur. P. H.als Rechtsvertreter, seitens der Beklagten und Widerklägerin E. L. als Vertreter der Gesellschaft und Rechtsanwalt Dr. iur. K. Z.als deren Rechtsvertreter anwesend.

a) Vorerst wurde den Parteien Gelegenheit gegeben, Noven vorzubringen.

Der klägerische Rechtsvertreter gab einen neuen Beleg zu den Akten (kläg. Bel. 39), welcher inhaltlich dem bekl. Bel. 41 entspricht. Ausserdem legte er dar, die Übersetzung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin und Widerbeklagten (in der Folge Klägerin), die von der Beklagten und Widerklägerin (in der Folge Beklagte) beigebracht worden sei, sei unpräzise. Seine Ausführungen zu den Noven und bezüglich der Übersetzung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gab er schriftlich zu den Akten. Soweit erforderlich, wird darauf in den Erwägungen eingegangen.

Der Rechtsvertreter der Beklagten antwortete darauf, die Beklagte bezweifle nicht die Richtigkeit der in bekl. Bel. 41 verzeichneten Provisionen, sondern behaupte nur, dass diese Abrechnung nicht vollständig sei. Die Übersetzung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei richtig, ansonsten sie nicht vom italienischen Konsulat abgestempelt worden wäre. Bezüglich Ziff. II. 5. der Ausführungen des klägerischen Rechtsvertreters führte der beklagtische Anwalt aus, er halte an dèn Ausführungen in den Rechtsschriften fest.

b) Der beklagtische Rechtsvertreter stellte folgende prozessualen Anträge:

"Der Beklagten und Widerklägerin sei die Einsicht in die massgebenden Bücher und Belege der Klägerin und Widerbeklagten für die Abrechnung der Provisionen bis zum Ende der Geschäftstätigkeit zu gestatten resp. die Klägerin und Widerbeklagte habe sämtliche massgebenden Bücher und Belege, soweit sich diese auf die Geschäftstätigkeit der Beklagten und Widerklägerin beziehen, zu edieren. Die Beklagte behält sich ausdrücklich ein Nachklagerecht für die Provisionen vor, resp. die Klägerin habe eine Provisionsabrechnung zu erstellen, welche sich nach der Edition ergeben.
Eventuell sei der Prozess zu sistieren, bis die Beklagte resp. Widerklägerin die Forderungen sicher spezifizieren kann."

Daneben stellte er zusätzliche tatsächliche Behauptungen auf. Seine diesbezüglichen Ausführungen gab er schriftlich zu den Akten. Soweit erforderlich, wird darauf in den Erwägungen eingegangen.

Der klägerische Rechtsvertreter erwiderte, die beantragte Edition sei als irrelevant zu beurteilen. Die Voraussetzungen seien nicht gegeben, da die Grundlage der Forderung nicht genügend substanziert sei. Die Edition sei deshalb nicht zulässig. Des weiteren bestritt er, dass die Klägerin debit-notes der Beklagten akzeptiert habe und verwies auf die Ausführungen in den Rechtsschriften. Überdies bestritt er, dass die Beklagte Mängelrüge gemäss den gesetzlichen Bestimmungen erhoben habe. Schliesslich sagte er, die Einvernahme des Zeugen Benetti mache nur Sinn, wenn die Grundlage der Forderung genügend substanziert sei.

Der beklagtische Rechtsvertreter replizierte, die Substanzierung der Forderung sei nicht möglich, weil die entsprechenden Rechnungsunterlagen der Beklagten gar nicht verfügbar seien. Deshalb werde beantragt, Einsicht in die Belege der Klägerin zu erhalten. Herr L. habe immer wieder Belege und Abrechnungen abgemahnt. Der Zeuge B. könne hier Auskunft geben. Es stimme nicht, dass nichts substanziert worden sei. Soweit möglich, habe man die Forderung substanziert.

c) Anschliessend schlossen die Parteien auf Vorschlag des Gerichtes einen Vergleich. Danach sollte die Beklagte der Klägerin per Saldo aller Ansprüche Lit. 175'002'000.-- in Raten zahlen, unter Wettschlagung der Parteikosten und hälftiger Teilung der Gerichtskosten. Die Parteien vereinbarten, dass dieser Vergleich von jeder Partei einseitig bis zum 30. November 1997 widerrufen werden könne.

I. - Mit Mitteilung vom 13. November 1997 liess das Gericht den Parteivertretern den Vergleich zur Beratung mit ihrer Mandantschaft in schriftlicher Form zukommen.
Mit Brief vom 28. November 1997 widerrief die Beklagte und Widerklägerin den Vergleich.

J. - Das Urteilsdispositiv wurde am 9. Dezember 1997 an die Parteien versandt und von diesen am 10. Dezember 1997 in Empfang genommen.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 1997 verlangte die Beklagte und Widerklägerin innert der Frist von zehn Tagen die vollständige Ausfertigung des Entscheides.

i n E r w ä g u n g:

1. - Vorliegend ist unbestritten, dass zwischen der Klägerin mit Sitz in Pesaro/ Italien und der Beklagten mit Sitz in Hergiswil zwischen 1988 und Mai 1995 eine Geschäftsbeziehung bestand und die Beklagte als Wiederverkäuferin und als Vermittlerin der von der Klägerin hergestellten Möbel aktiv war.

Die Klägerin verlangt nun klageweise die Bezahlung ausstehender Kaufpreisforderungen. Die Beklagte ihrerseits macht Provisionsforderungen aus ihrer Vermittlertätigkeit geltend, welche sie teils verrechnungs-, teils widerklageweise vorbringt. Zwischen den Parteien sind ein Teil der klägerischen Forderungen sowie die beklagtischen Verrechnungsforderungen und die widerklägerischen Forderungen strittig.

2. - Die Parteien haben ihren Sitz in verschiedenen Staaten, weshalb ein internationales Verhältnis gegeben ist. Das Gericht hat folglich von Amtes wegen zu prüfen, ob einheimisches oder fremdes Recht anzuwenden ist (Par. 54 Abs. 1 ZPO). Das gerichtliche Verfahren bestimmt sich gemäss klassischer Auffassung nach dem Recht des angerufenen Richters (Oscar VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, 5. AufI., Bern 1997, 1. Kap., N 87, S. 49), vorliegend also nach der Nidwaldner Zivilprozessordnung und nach Bundesrecht, soweit dieses - wie z.B. in Art. 8 ZGB - Prozessregeln aufstellt. Im übrigen bestimmt sich das anwendbare Recht nach dem Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, wenn ein schweizerisches Gericht mit der Streitsache befasst ist (Art. 1 IPRG).

Im Bereich des Obligationenrechts untersteht der Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht, wobei die Rechtswahl ausdrücklich sein oder sich eindeutig aus dem Vertrag oder aus den Umständen ergeben muss und jederzeit getroffen oder geändert werden kann (Art. 116 IPRG). Ein bestimmtes Prozessverhalten der Parteien - insbesondere die (gemeinsame) Berufung auf die lex fori - stellt für sich alleine keine stillschweigende Rechtswahl zugunsten des schweizerischen Rechts dar, ist aber als Indiz zu beachten. Ein Rechtswahlwillen darf im Hinblick anf Art. 116 Abs. 2 Satz 1 IPRG nur angenommen werden, wenn zusätzliche objektive Anhaltspunkte den Schluss zulassen, damit solle in Abweichnung der objektiven kollisionsrechtlichen Anknüpfung ein anderes materielles Recht bestimmt werden (vgl. Marc AMSTUTZ/ Nedim PETER/ Markus WANG, Basler Kommentar, Basel 1996, N 39 zu Art. 116 IPRG; BGE 119 II 176; BGE 99 II 318).

Beide Parteien berufen sich im Prozess übereinstimmend und ausschliesslich auf schweizerisches Recht. Gemäss zitierter Rechtsprechung und Lehre kann alleine daraus nicht auf eine stillschweigende Rechtswahl geschlossen werden. Vorliegend ist allerdings ein weiterer objektiver Anhaltspunkt vorhanden: Art. 3.1 der ''condizioni generali di vendita" (Allgemeine Verkaufsbedingungen) der Klägerin erklärt italienisches Recht für anwendbar. Die "condizioni generali di vendita" wurden von beiden Parteien unterzeichnet und im Verfahren aufgelegt (kläg. Bel. 4, bekl. Bel. 196). Deren Inhalt war und ist ihnen folglich bekannt und sie waren sich somit bewusst, dass sie eine Rechtswahl zugunsten des italienischen Rechts getroffen hatten. Wenn sich die Parteien nun ausdrücklich nicht auf diese Bestimmung berufen und stattdessen in ihren gesamten Ausführungen einzig auf der Grundlage des schweizerischen Rechtes argumentieren, so ist dieses übereinstimmende Verhalten als stillschweigende Rechtswahl zugunsten des Schweizer Rechts zu qualifizieren.

Dieses findet somit auf die rechtlichen Beziehungen der Parteien Anwendung.

Im Bereiche des Kaufrechts regelt das Übereinkommen der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf, abgeschlossen in Wien am 11. April 1980 ("Wiener Kaufrecht"), Kaufverträge über Waren zwischen Parteien, die ihre Niederlassung in verschiedenen Stasten haben, wenn diese Staaten Vertragsstaaten sind oder wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen (Art. 1 Abs. 1 Wiener Kaufrecht (WKR)). Dieses kommt vorliegend unbesehen davon, ob im übrigen schweizerisches oder italienisches Recht anwendbar ist, da sowohl Italien als auch die Schweiz diesem beigetreten sind und beide Parteien ihre Niederlassung somit in Vertragsstaaten haben.

Zusammenfassend ergibt sich, dass auf das Rechtsverhältnis grundsätzlich Schweizer Recht, auf die Kaufverträge im besonderen das Wiener Kaufrecht anzuwenden ist.

3. - Die Klägerin macht in ihrer Klage eine Forderung von Lit. 251'057'396.-- geltend. Diese resultiere aus verschiedenen Guthaben aus Möbelverkäufen an die Beklagte in einem Gesamtbetrag von Lit. 359'772'338.-- (kläg. Bel. 5 - 20), unter Abzug eines Gesamtguthabens der Beklagten für die Vermittlung von Geschäften für die Rechnung der Klägerin von Lit. 108'714'942.--.

Die Beklagte anerkennt grundsätzlich, dass die Forderungen gemäss den klägerischen Belegen 7 - 13 und 17 - 20 im Gesamtbetrag von Lit. 239'013'000.-- bestehen. Die übrigen Forderungen (KB 5, 6 und 14 - 16) bestreitet sie jedoch. Zudem macht sie in der Höhe der unbestrittenen Forderungen Verrechnungsforderungen geltend.

a) aa) Die Klägerin fordert aus der Rechnung Nr. 1253 vom 11. Juli 1994 (kläg. Bel. 5) den Betrag von Lit. 2'214'000.--, der sich als Differenz zwischen dem Rechnungsbetrag und der von der Beklagten bezahlten Summe ergibt. Die Beklagte wendet ein, die Klägerin habe für diesen Betrag gemäss Rechnung (kläg. Bel. 5) Ersatzteile ("spare parts") geliefert, und behauptet, diese Ersatzteile habe die Klägerin unentgeltlich liefern müssen. Dies folge einerseits schon aus dem Begriff "spare parts" und andererseits aus Art. 4.1 der "condizioni generali di vendita" (in der Folge cgv), welcher die Garantiepflicht der Klägerin regle.

Wie die Klägerin richtigerweise einwendet, kann alleine aus dem Begriff "spare parts" (gem. Robert HERBST, Dictionary of Commercial, Financial and Legal Terms, Volume 1: English-German-French, S. 966, Zug 1968, englisch für Ersatz- oder Reserveteile) nicht abgeleitet werden, dass die Lieferung der fraglichen Teile aus Garantie und damit unentgeltlich zu erfolgen hatte. Und auch der Hinweis auf Art. 4.1 cgv bringt nichts, denn danach entsteht eine Garantiepflicht des Verkäufers und damit vorliegend der Klägerin nur dann, wenn der Käufer, hier die Beklagte, den Mangel nach den Vorschriften des Art 5 cgv anzeigt (Art. 4.2 cgv). Danach muss die Mängelrüge mit eingeschriebenem Brief an den Verkäufer erfolgen und müssen die gerügten Mängel genau bezeichnet werden (Art. 5.2 cgv). Hierfür obliegt der Beklagten die Beweispflicht und -last. Sie legt keine Belege auf, aus welchen eine entsprechende Mängelrüge ersichtlich wäre. Die Einwendung der Beklagten ist somit unbeachtlich und sie muss den geforderten Betrag bezahlen.

bb) Aus der Rechnung Nr. 1367 vom 25. Juli 1994 (kläg. Bel. 6) macht die Klägerin eine Restforderung von Lit. 6'542'338.-- geltend. Die Beklagte bringt vor, sie habe diesen Betrag zu recht nicht bezahlt, da die Rechnung zu hoch fakturiert gewesen sei. Wie die Klägerin richtigerweise ausführt, legt die Beklagte in keiner Weise dar, wieso und inwieweit die Rechnung zu hoch fakturiert gewesen sein soll. Sie bleibt jeglichen Beweis für ihre pauschale Behauptung schuldig. Die Einwendung der Beklagten ist deshalb nicht zu beachten und der von der Klägerin geltend gemachte Betrag geschuldet.

cc) Gegen die Forderungen aus den Rechnungen Nr. 2666 und 2667 vom 30. Dezember 1994 und Nr. 01 vom 4. Januar 1995 (kläg. Bel. 14 - 16) wendet die Beklagte ein, die Lieferungen der Klägerin seien mangelhaft gewesen. Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe keine bzw. nicht rechtzeitig Mängelrüge erhoben.

Gemäss Art. 39 Abs. 1 WKR verliert der Käufer das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, anzeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet. Nach der Regel von Art. 8 ZGB hat die Beklagte zu beweisen, dass sie die nun behaupteten Mängel der Lieferung rechtzeitig und rechtsgenüglich gerügt hat. Misslingt ihr der Beweis, so hat sie die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen, und kann sich nicht mehr auf die Vertragswidrigkeit der Ware berufen.

Die Beklagte hat umfangreiche Korrespondenz bezüglich der genannten Rechnungen aufgelegt (bekl. Bel. 1 - 25). Soweit die aufgelegte Korrespondenz jedoch zwischen der Beklagten und den Endabnehmern stattfand, berührt sie das Rechtsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter nicht und ist vorliegend nicht relevant. Die übrigen Aktenstücke, Korrespondenz zwischen der Beklagten und der Klägerin, vermögen nicht rechtsgenüglich zu beweisen, dass die Beklagte - soweit dies überhaupt genügend substanziert behauptet wird - rechtzeitig Mängelrüge erhoben hat und die geltend gemachten Mängel genügend genau im Sinne von Art. 39 Abs. 1 WKR bezeichnet hat. In der aufgelegten Korrespondenz mit der Klägerin unterlässt die Beklagte jedenfalls eine genaue Benennung der Mängel und macht lediglich pauschale Ausführungen ("ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen", "falsche Teile", "full of breakages") oder das aufgelegte Schreiben bezieht sich gar nicht auf die fragliche Rechnung. Bleibt die Beklagte somit den Beweis der genügenden Mängelrüge schuldig, so kann sie sich auch hier nicht auf die Vertragswidrigkeit der Ware berufen und muss den geforderten Kaufpreis in voller Höhe bezahlen.

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Source

Source:
- Dr. Monique Jametti Greiner, Office fédéral de la justice, Berne, Switzerland

Original in French:
- Unpublished

Abstract published in German:
- Schweitzerische Zeitschrift für internationales und Europäisches Recht (SZIER), 1, 1998, 81-82}}