Data

Date:
08-01-1993
Country:
Germany
Number:
17 U 82/92
Court:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Parties:
Unknown

Keywords

APPLICATION OF CISG - CHOICE OF LAW OF CONTRACTING STATE AS GOVERNING LAW OF THE CONTRACT (ART. 1(1)(B) CISG)

CONFORMITY OF GOODS - EXAMINATION - AS SOON AS PRACTICABLE (ART. 38 CISG)

NOTICE OF LACK OF CONFORMITY (ART. 39 CISG) - REASONABLE TIME AFTER DISCOVERY

Abstract

A Turkish company agreed to sell 1000 tons of tinned cucumbers to a German company. The buyer examined the goods after their delivery (which occurred seven days after the shipment) and refused to pay the full amount of the price, alleging inter alia that the seller had not shipped the whole quantity of goods agreed upon.

The Court held that the contract was governed by CISG, as the parties had declared that the applicable law of the contract was the law of Germany, a contracting State (Art. 1(1)(b) CISG).

The Court held that Art. 38(2) CISG did not apply as the parties had expressly excluded in the contract the possibility of deferred examination of the goods. As the buyer had not examined the goods within as short a period as is practicable in the circumstances, i.e. at the moment of loading, and had not given timely notice of the non-conformity (Arts. 38(1) and 39(1) CISG), the Court held that the buyer was obliged to pay the full price even though it had received only partial delivery of the goods.

Fulltext

[...]

Aus den Gründen:

I. [...] Die Klägerin ist parteifähig und wird durch ihre Gesellschaftsleiter gesetzlich vertreten. Maßgebend dafür ist gemäß par. 50 Abs. 1, par. 51 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Artikel 7 Abs. 1 EGBGB das Recht des Staates, in dem die juristische Person ihren Sitz hat (BGH NJW 1981, 522, 5251; Kegel, Internationales Privatrecht,6. Aufl.1987, par. 17 II). Das ist hier die Türkei.

Nach türkischem Recht ist die Klägerin als im dortigen Handelsregister eingetragene juristische Person parteifähig und wird durch ihre Gesellschaftsleiter X. und Y. gesetzlich vertreten. Das steht fest aufgrund des von der Klägerin vorgelegten Auszugs aus dem türkischen Handelsregister nebst Übersetzung. Die Beklagte hat dagegen nichts Erhebliches vorgebracht. Sie hat lediglich die Richtigkeit der vorgelegten Übersetzung mit Nichtwissen bestritten. Das ist jedoch gemäß par. 138 Abs. 2, 4 ZPO nicht ausreichend. Da die Beklagte mit der Klägerin ein bedeutendes Geschäft im Gesamtvolumen von fast einer Million DM getätigt hat und in der Person des Zeugen Z. über einen der türkischen Sprache mächtigen Mitarbeiter oder Berater verfügt, durfte sie die Übersetzung des Handelsregisterauszugs nicht lediglich pauschal mit Nichtwissen bestreiten. Sie hätte vielmehr dazu im einzelnen Stellung nehmen müssen. Auch sonst hat der Senat keinen Anlaß, an der Parteifähigkeit und gesetzlichen Vertretung der Klägerin nach türkischem Recht zu zweifeln und dazu von Amts wegen Ermittlungen anzustellen. Insbesondere kann entgegen der Auffassung der Beklagten von einem Vermögensverfall der Klägerin mit der möglichen Folge des Verlustes der Parteifähigkeit keine Rede sein. Die Klägerin hat Vermögen, nämlich mindestens die ihr durch das vorliegende Urteil zugesprochene Forderung [...].

II. [...] Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Restkauf preisanspruch (...omissis) aus Artikel 53 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf - CISG - vom 11.4.1980 i. V. m. dem Gesetz vom 5.7.1989 (BGBl. II 586 ff.). Da die Parteien durch Erklärung gegenüber dem Landgericht die Anwendung deutschen Rechts nach Artikel 27 EGBGB vereinbart haben, sind gemäß Artikel 1 Abs. 1b CISG die Regeln des CISG als innerstaatliches deutsches Recht auf den Vertrag der Parteien anwendbar [...].

Der Kaufpreisanspruch ist nicht nach Artikel 50 Satz 1 i.V.m. Artikel 35 Abs. 1 und 2, Art. 45, 51 Abs. 1 CISG gemindert. Dabei kann offenbleiben, ob die Behauptungen der Beklagten, ein Teil der Ware sei verdorben gewesen, ein Teil sei zu groß gewesen und es seien nicht die berechneten Mengen geliefert worden, zutreffen. Denn die etwaigen Gewährleistungsrechte der Beklagten sind jedenfalls nach Artikel 39 Abs. 1 CISG ausgeschlossen.

Nach dieser Vorschrift hat der Käufer nur dann Gewährleistungsrechte, wenn er die Vertragswidrigkeit innerhalb einer angemessenen Frist dem Verkäufer anzeigt. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Käufer die Vertragswidrigkeit hätte feststellen müssen. Dieser Zeitpunkt wiederum ergibt sich aus Artikel 38 Abs. 1 CISG. Danach hat der Käufer die Ware innerhalb einer so kurzen Frist zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, wie es die Umstände erlauben.

Die Beklagte hat diese Frist nicht eingehalten. Sie hat die angebliche Vertragswidrigkeit erst bei Ankunft der Ware in Deutschland gerügt. Das war frühestens sieben Tage nach der Verladung in der Türkei. Sie hätte die Ware jedoch schon bei der Verladung in der Türkei untersuchen lassen müssen. Deshalb sind die frühestens sieben Tage nach der Verladung erfolgten Rügen verspätet.

Dabei kann offenbleiben, ob das Vertragsverhältnis der Parteien die Voraussetzungen des Artikels 38 Abs. 2 CISG erfüllt und daher nach dieser Vorschrift eine Untersuchung erst am Bestimmungsort hätte erfolgen müssen. Denn Artikel 38 Abs. 2 CISG ist abdingbar (Stumpf, im: von Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht 1990, Artikel 38 Rdnr. 6), und die Parteien haben diese Vorschrift jedenfalls in ihrem schriftlichen Vertrag [...] abbedungen [...].

Die Rechtsfolge der nicht rechtzeitigen Rüge besteht darin, daß die Beklagte den Kaufpreis in der vertraglich vereinbarten Höhe ohne Rücksicht auf etwaige Vertragswidrigkeiten zu zahlen hat. In der Literatur wird allerdings die Auffassung vertreten, im Falle einer Minderlieferung sei der Käufer auch dann, wenn er nicht rechtzeitig rüge, nur verpflichtet, einen entsprechend verminderten Kaufpreis zu zahlen (Stumpf, a.a.O., Artikel 39 Rdnr. 11). Dieser Auffassung schließt sich der Senat jedoch nicht an. Sie entspricht nämlich nicht dem Sinn des Artikels 39 CISG. Bei der vergleichbaren Regelung der par. 377f. HGB ist anerkannt, daß der Käufer bei nicht rechtzeitiger Rüge grundsätzlich trotz Minderlieferung den vollen Kaufpreis zahlen muß (BGH NJW 1984, 1964, 1966). Umstritten ist lediglich, ob das auch dann gilt, wenn sich die Mindermenge aus der Rechnung oder den Lieferscheinen ergibt, also bei einer sogenannten offenen Minderlieferung (BGH a.a.o. 2). Dieser Fall liegt hier jedoch nicht vor. Hinsichtlich der hier gegebenen nicht offenen Minderlieferung kann die Rechtslage bei Artikel 39 CISG nicht anders sein als bei par. 377f. HGB. Der Sinn der Rügepflicht besteht nämlich darin, dem Verkäufer rasch Klarheit darüber zu verschaffen, ob seiner Kaufpreisforderung Einreden entgegengesetzt werden können. Also muß der Verkäufer, wenn innerhalb der angemessenen Frist nicht gerügt worden ist, grundsätzlich davon ausgehen können, daß seine Kaufpreisforderung keinen rechtlichen Zweifeln ausgesetzt ist. Genau das wäre aber der Fall, wenn trotz Unterlassens einer rechtzeitigen Rüge eine Kaufpreisminderung wegen zu geringer Liefermenge zulässig wäre.}}

Source

Published in German:
- Recht der Internationalen Wirtschaft (RIW), 1993, 325

Commented on by:
- U. Magnus, Zum räumlich-internationalen Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts und zur Mangelrüge: EGBGB Art. 27; CISG Artt. 1 (Abs. 1b), 38, 39, 53, Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrecht, 1993, 390-392}}