Data

Date:
23-06-1995
Country:
Germany
Number:
Court:
Amtsgericht München
Parties:
Unknown

Keywords

LACK OF CONFORMITY - SELLER'S OFFER TO REMEDY DEFECTS (ART. 48 CISG) - UNREASONABLE DELAY BY SELLER - CURE OF NON-CONFORMITY AT BUYER'S EXPENSE - BUYER'S RIGHT TO CLAIM COSTS OF REPAIR AS DAMAGES (ART. 74 CISG)

FAILURE TO PERFORM CAUSED BY THE DAMAGED PARTY (ART. 80 CISG) - EXCLUSION

DAMAGES - DUTY TO MITIGATE (ART. 77 CISG)

SET OFF - MATTER EXCLUDED FROM SCOPE OF CISG (ART. 4 CISG) - DOMESTIC LAW APPLICABLE

Abstract

An Italian seller and a German buyer concluded a contract for the sale of a chemical substance with a certain quality for the production of pharmaceuticals. After delivery to the buyer's place of business, the buyer sent the goods to its customer. Due to customer complaints that the delivered substance was not fine enough to start the production of pharmaceutical products, the parties agreed that the seller should remedy the defective goods in Italy. The goods were to be sent back to Italy by a German carrier indicated by the seller and delivered immediately to the seller at its own expense. Upon calling the German carrier, the buyer found out that the goods had not yet been forwarded to Italy and informed the seller thereof. The buyer then proceeded to have the goods treated in Germany at its own expense, claiming that treatment had to be done immediately as the customer could not resume production of the pharmaceuticals without the goods. The buyer deducted the treatment costs from the purchase price. The seller claimed payment of the whole price alleging that it would have treated the goods at a much lower price in Italy, had the goods arrived on time to Italy.

The Court stated that under Art. 48(1) CISG, the seller may remedy at its own expense any failure to perform its obligations if it can do so without unreasonable delay.

The Court held that the seller's attempt to remedy the defects failed as the goods had not reached Italy on time. Any further delay of treatment would have been unreasonable as the buyer's customer had to stop production during the time the goods underwent treatment and this would have led to claims for damages on the part of the buyer's customer.

The buyer was neither obliged to fix an additional time for performance by the seller as stated by Art. 47 CISG because this is not a condition for a claim of damages under CISG.

The Court further held that the buyer had not lost its right to claim damages due to an act or omission on its part (Art. 80 CISG) as it had observed the seller's instructions regarding redispatch of the goods to Italy and was not responsible for the performance of the carrier's obligation. The seller was responsible for performance of carrier's obligation as it was exercising its right to cure a failure to perform. According to the Court, the buyer could recover the treatment costs for the defective goods as damages, as they were foreseeable by the seller (Art. 74 CISG).

Although the buyer did not earlier inform the seller of the urgent need of the goods by its customer, the Court stated that the buyer had not breached its duty to mitigate the loss (Art. 77 CISG) because it was not clear whether the buyer knew the precise starting date of production by its customer and, furthermore, the seller was expected to know that any further delay would be unreasonable.

The Court finally held that a set-off for the loss arising from the lack of conformity against the seller's claim for the price was to be governed by Italian law and that the conditions for it were fulfilled.

Fulltext

[...]

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage erwies sich nicht als begründet.

Die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus dem Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 53 Abs. 1 GVÜ.

Die örtliche Zuständigkeit besteht gemäß den Parr. 12, 17 ZPO. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus den Parr. 23 Nr. 1, 71 GVG.

II.

1. Der Kaufpreisanspruch der Klägerin gemäß Artikel 53 CISG ist durch wirksame Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen der Beklagtenpartei erloschen.

Der Erlöschenstatbestand ergibt sich aufgrund des gemäß den Parr. 28 Abs. 1 und 2, 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB anzuwendenden Codice Civile.

Die Beklagte hat gemäß Artikel 45 Abs. 1 b in Verbindung mit Artikel 74 CISG Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihr durch die Beauftragung der [...] zur Mikronisierung der Ware entstanden sind.

2. Die Rechte der Parteien bestimmten sich aufgrund des Wiener UN-Übereinkommens über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) gemäß dessen Artikel 1.

a) Der Kaufpreisanspruch der Klägerin ist zunächst gemäß Artikel 53 CISG entstanden, da zwischen den Parteien ein gemäß Artikel 14 CISG wirksamer Vertrag bestand.

b) Die Gegenansprüche der Beklagten ergeben sich aus Artikel 45 Abs. 1 Ziffer b, da die Klägerin ihre Pflichten nach dem Vertrag nicht erfüllt hat. Die Klägerin hat nicht, wie vertraglich vereinbart, das Produkt Tetracycline HCL mit einer Mikronisierung kleiner als 25 Microns geliefert. Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruches war nicht gemäß Artikel 48 Abs. 2 Satz 2 CISG unzulässig.

Die Mängelbehebung, nämlich die weitere Mikronisierung des Materials in Italien, hätte nach dem 8.6.1993 zu einer unzumutbaren Verzögerung geführt, die einen weiteren Nacherfüllungsanspruch der Klägerin gemäß Artikel 48 Abs. 1 CISG ausschloß.

Zwar hatte die Klägerin zunächst gemäß Artikel 48 Abs. 1 CISG das Recht für sich in Anspruch genommen, die Ware in Italien nachbessern zu lassen. Dementsprechend wies sie mit Telefax vom 25.5.1995 [1993] die Beklagte an, die Ware nach Italien zurückzusenden. Dieser Nachbesserungsversuch schlug jedoch fehl, nachdem die Ware nicht nach Italien transportiert wurde, sondern in München liegen blieb. Die Klägerin hat somit innerhalb der der Beklagten noch zumutbaren Zeit bis 8.6.1993 die Nachbesserung nicht durchgeführt. Jede weitere Verzögerung nach dem 8.6.1993 war der Beklagten unzumutbar, da sie - unbestritten - zu erheblichen Schadensersatzforderungen der Kundin der Beklagten geführt hätte.

Die Beklagte war auch nicht gehalten, der Klägerin zur Durchführung der Reparatur eine Nachfrist gemäß Artikel 47 CISG zu setzen. Die Frist des Artikel 47 Abs. 1 stellt keine Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch dar, etwa wie die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß Par. 326 BGB nach deutschem Recht. Die Beklagte war dementsprechend berechtigt, auf Kosten der Klägerin die Reparatur durchzuführen (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht CISG, Artikel 48, Rdnr. 25).

Der Schadensersatzanspruch der Beklagten war auch nicht gemäß Artikel 80 CISG deshalb entfallen, weil sie die Durchführung der Nachbesserung in angemessener Zeit vereitelt hätte.

Ausweislich des Speditionsauftrags vom 26.5.1993 an die [...] (Anlage B 12) ist die Beklagte genau den Anweisungen nachgekommen, die ihr die Klägerin mit dem Telefax vom 25.5.1993 mitteilte. Die Beklagte beauftragte gemäß dieser Weisung die von der Klägerin benannte [...] mit dem Transport zur Übergabe an den von der Klägerin genannten Empfangsspediteur in Italien. Auweislich des Speditionsauftrags hat die Beklagte der [...] auch ausdrücklich den Auftrag gegeben, die Ware bei der [...] in Emmerthal abholen zu lassen, was ausweislich des Speditionsübergabescheins vom 26.5.1993 (Anlage B 13) auch durch die von der [...] eingeschaltete [...] erfolgte.

Eine Verzögerung der Durchführung des Speditionsauftrags durch eine ungenügende Benennung des Aufenthaltsorts der Ware durch die Beklagte ist somit ausgeschlossen.

Soweit die Klägerin die verzögerte Durchführung des Speditionsauftrags mit Schreiben vom 28.5.1993 der Beklagten anlastete, weil diese angeblich den Standort der Ware nicht mitgeteilt hatte, ist dies durch den Speditionsauftrag und die Übernahmebstätigung widerlegt. Im übrigen hat die Klägerin ausweislich ihres eigenen Vortrags gewußt, daß die Ware zunächst zu dem Endkunden der Beklagten am 11.5.1993 ausgeliefert worden war und dementsprechend auch zu erwarten war, daß die Ware sich noch dort befand.

Die Beklagte hat im eigenen Namen aber für Rechnung der Klägerin und in Erfüllung deren Nachbesserungspflicht die [...] beauftragt. Die Beklagte glich damit nach deutschem Recht einem Dienstleistungskomissionär gemäß den Vorschriften des Par. 406 in Verbindung mit Parr. 383 ff. HGB.

Die Beklagte hat den Speditionsauftrag erkennbar nur auf Weisung der Klägerin erteilt. Der Speditionsauftrag stellt sich somit als Geschäft zur Ausführung der Kommission dar und nicht als Eigengeschäft der Beklagten. Dementsprechend hatte die Beklagte nur dafür Sorge zu tragen, daß es zur Durchführung des Speditionsauftrags kam, sie hatte jedoch nicht für dessen Erfüllung zu haften.

Die Beklagte hat ihre Pflichten, für die Durchführung des Auftrags zu sorgen, nicht verletzt. Jedenfalls hat die Klagepartei gemäß Artikel 80 CISG nichts vorgetragen, wonach die Durchführung des Speditionsauftrags aufgrund eines Verhaltens der Beklagten gescheitert sei.

Die Beklagte hat vielmehr unbestritten am 1.6.1993 noch bei der [...] nachgefragt, ob die Ware bereits nach Rom weitertransportiert worden sei. Unbestritten hat die Beklagte, nachdem sie von der [...] erfuhr, daß die Ware noch in München lagerte, mit der Klägerin telefoniert.

Es wäre nun Sache der Klägerin gewesen, Anweisung zu geben, daß die Ware durch die [...] nach Italien zu liefern ist, es wäre auch Sache der Klägerin gewesen, etwaige Hinderungsgründe durch entsprechende Anweisungen an die Beklagte, die [...] oder an den Empfangsspediteur [...] auszuräumen.

Die Klägerin selbst erklärte jedoch, daß sie gerade solche Anweisungen nicht erteilt hat, vielmehr stellte sie sogar in ihrem Schriftsatz vom 20.6.1995 in Abrede, daß es zwischen der Klägerin und den Speditionen [...] sowie [...]. Kontakte geben habe (Dies widerspricht im übrigen dem eigenen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 6.2.1995, wo sie eingestand, daß es zu Kommunikationsschwierigkeiten zwischen ihr und der Spedition gekommen sei, und ihrem Telefax vom 28.5.1993, in dem sie selbst mtteilte, dem Empfangsspediteur Instruktionen erteilt zu haben).

Der Schadensersatzanspruch der Beklagten bemißt sich nach Artikel 74 CISG und umfaßt die Schäden, die der Beklagten infolge der Vertragsverletzung als Verlust entstanden sind. Hierzu gehören die Ersatzvornahmekosten in Höhe von 6.270,90 DM, die die Beklagte zur Aufrechnung stellte und die unbestritten in dieser Höhe bestehen.

Das Entstehen und die Höhe dieser Reparaturkosten waren für die Klägerin auch vorhersehbar (Artikel 74 CISG).

Hinsichtlich des Entstehens des Ersatzvornahmekostenanspruchs ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin bereits mit der Lieferung der für Ende März zugesagten Ware erheblich in Verzug geraten war und die Lieferung mehrmals von der Beklagten angemahnt worden war. Auch aufgrund der Tatsache, daß die Versendung der Ware schließlich per Luftfracht erfolgte, ergibt sich, daß der Klägerin bewußt war, daß die beschleunigte Auslieferung der Ware notwendig war.

Die Klägerin hatte, nachdem die Ware nun auch noch mangelhaft geliefert worden war, erkennen können, daß jegliche weitere Verzögerung möglicherweise für die Beklagte unzumutbar war.

Der Beklagten kann gemäß Artikel 77 CISG auch nicht der Vorwurf gemacht werden, daß sie nicht alle den Umständen nach angemessenen Maßnahmen zur Verringerung oder Entstehung des Schadens ergriffen hätte.

Zum einen kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, daß sie die Klägerin bis zu den Faxbriefen vom 8.6.1993 nicht darüber informierte, daß die Kundin der Beklagten die Ware zur Aufnahme der Produktion ab dem 7.6.1993 benötigte.

Denn es ist nicht bekannt, ob der Beklagten selbst von der Kundin der Beklagten ein definitives Produktionsdatum angegeben worden war. Außerdem mußte - wie dargelegt - die Klägerin selbst damit rechnen, daß jegliche Zeitverzögerung nicht mehr hinnehmbar war.

Der Beklagten kann auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie die Ware nicht per Luftfracht an die Klägerin rücktransportierte. Da das Nacherfüllungsrecht allein Sache der Klägerin war und auf eigenen Kosten der Klägerin gemäß Artikel 48 Abs. 1 CISG zu betreiben war, hätte es hierfür einer Anweisung der Klägerin bedurft.

Auch die Höhe der Reparaturkosten war für die Klägerin vorhersehbar. Sie hat jedenfalls nichts dazu vorgetragen, daß sie nicht mit derart hohen Reparaturkosten hätte rechnen müssen. Gemäß Artikel 74/77 CISG hat sie als darlegungs- und beweisbelastete Partei (vgl. Herber/Czerwenka Internationales Kaufrecht 1991 Artikel 74 Rdnr. 77 Rn 8 13) auch nichts dazu vorgetragen, daß es der beklagten Partei möglich gewesen wäre, in der Kürze der Zeit auch eine Firma zu finden, die die Mikronisierung zu einem günstigeren Preis durchführt.

Der Schadensersatzanspruch der Beklagten besteht somit in Höhe der in der Abrechnung vom 26.7.1993 (K 12) von der Klägerin genannten Kosten, die für eine weitere Mikronisierung in Deutschland zum damaligen Zeitpunkt erforderlich waren. Aufrechnung mit dem Schadensersatzanspruch in Höhe von 6.276,90 DM erloschen.

Gemäß Artikel 1243 Codice Civile trat eine sogenannte Legalkompensation ein mit der Wirkung, daß die beiden Verbindlichkeiten in dem Augenblick erloschen sind, in dem sie sich aufrechenbar gegenüberstanden.

Die Voraussetzungen für die Aufrechnung legen vor: Forderung (Kaufpreisanspruch) und Gegenforderung (Schadensersatzanspruch) sind gegenseitig, beide Forderungen sind gleichartig und ebenso sind beide eintreibbar, d.h. einredefrei und fällig.

Beide Forderungen stehen nach Grund und Höhe fest (liquidita).

Dabei geht das Gericht davon aus, daß auch die Schadensersatzforderung der Beklagten dem Grunde nach feststehend ist, da das Bestreiten der Forderung durch die Klägerin offensichtlich unbegründet ist. Einer gerichtlichen Aufrechnung gemäß Artikel 1243 Abs. 2 Codice Civile bedurfte es daher nicht (vgl. zum Ganzen: Einführung in das italienische Recht von Peter Kindler, München, Beck-Verlag, 1993, S. 155 ff.). Das Gericht war gemäß Artikel 6 Abs. 3 3 GVÜ international zuständig, über die Gegenforderung der Beklagten zu entscheiden, zumal diese durch Wiederklage die Forderung bei dem angerufenen Gericht hätte geltend machen können.

Aus alledem ergibt sich, daß die Klage zwar zulässig, aber unbegründet war.

Die Kostenentscheidung ergibt sich zwingend aus Par. 91 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf Parr. 708 Nr. 11, 711 ZPO.}}

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Original in German:
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