Data

Date:
12-05-1995
Country:
Germany
Number:
31 C 534/94
Court:
Amtsgericht Alsfeld
Parties:
Unknown

Keywords

AGENCY - MATTER EXCLUDED FROM SCOPE OF CISG - DOMESTIC LAW APPLICABLE

PRICE - PLACE OF PAYMENT OF PRICE (ART. 57(1)(A) AND (B) CISG) - PAYMENT MADE ELSEWHERE NOT VALID

ENGAGEMENT OF A THIRD PERSON FOR PAYMENT - BUYER'S LIABILITY (ART. 79 CISG)

DAMAGES - MITIGATION OF DAMAGES (ART. 77 CISG) - COST OF FOREIGN ATTORNEY FOR DEMAND OF PAYMENT - NOT RECOVERABLE

INTEREST (ART. 78 CISG) - INTEREST RATE - MATTER GOVERNED BUT NOT EXPRESSLY SETTLED BY CISG (ART. 7(2) CISG) - TO BE DETERMINED BY DOMESTIC LAW GOVERNING THE CONTRACT

Abstract

A German buyer concluded a contract at a market fair with a standhostess who worked at the stand of an Italian seller of tiles. After the conclusion of the contract the Italian seller sent an invoice to the buyer. The hostess then collected the price for the goods from the buyer, but did not transfer the payment to seller. After the seller's Italian attorney sent a request for payment to the buyer, the seller commenced action against the buyer for payment of price and for recovery of the attorney's fees as damages. The buyer counterclaimed a discount on the price that had been agreed upon with the standhostess after the conclusion of the contract.

As agency is a matter not falling within the scope of CISG, the Court applied German law to determine whether the standhostess had authority to modify the contract terms after the contract had been concluded and consequently denied the buyer the discount on the price.

The Court stated that according to Art. 57(1)(a) and (b) CISG the buyer should have paid the price either at the seller's place of business or at the place where the goods were delivered, neither of which happened. Payment to the standhostess was not a valid payment under CISG. Therefore the buyer was obliged to pay the price to the seller under Art. 53 CISG.

Moreover, the buyer who has engaged a third person for payment bears the risk that the seller does not receive the payment, when the requirements for exemption from liability set forth in Art. 79 CISG are not met, as in the case at hand.

The seller was awarded interest on the price (Art. 78 CISG). As to the applicable interest rate, the Court considered this to be a question governed by CISG but not expressly settled in it (Art. 7(2) CISG). According to German private international law rules it applied the Italian statutory rate, being Italian law the law otherwise applicable to the contract. A higher interest rate as further damages was not awarded since the seller did not provide sufficient evidence of recourse to bank loans.

The Court did not award the seller recovery of the cost it incurred by hiring an Italian attorney for making a pre-trail demand for payment as, by doing so, the seller violated its duty to mitigate the loss (Art. 77 CISG). The Court held that the cost of a pre-trail demand for payment would have been included in the attorney's fees of the seller's German attorney and that it would have been reasonably possible for the seller's German attorney, who then filed the suit in the German Court, to demand payment from the buyer.

Fulltext

[...]

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist in der Hauptsache voll und in Bezug auf die Nebenforderungen nur teilweise begründet.

Der Beklagte ist zur Bezahlung des Kaufpreises für die gelieferten Fliesen an die Klägerin in Höhe von DM 1.345,-- verpflichtet, Artikel 53 CISG. Die rechtliche Beurteilung des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrages richtet sich vom Grunde her nach den Bestimmungen des CISG, weil die Parteien des Kaufvertrages jeweils in zwei verschiedenen Vertragsstaaten des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den Internationalen Warenkauf ansässig bzw. geschäftsansässig sind, und weil sowohl Italien als auch Deutschland im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Unterzeichnerstaaten dieses Übereinkomrnens waren und entsprechende Urkunden darüber hinterlegt haben, Art. 3 Abs. 2 EG3GB, Art. 1 Abs. 1 CISG. Umstände für ein Eingreifen der Ausschlußklauseln gemäß Artikel 1 Abs. 2, Art. 2 CISG sind nicht vorgetragen.

Die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung des Kaufpreises ist in Artikel 53 CISG normiert. Danach durfte die Klägerin zunächst Zahlung von DM 1.575,-verlangen. Einen nierigeren Kaufpreis oder Umstände, aus denen sich gemäß Art. 55 CISG ein niedrigerer Kaufpreis ableiten lassen könnten, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Der Kaufpreis hat sich dann durch die von der Klägerin erteilte Gutschrift auf die eingeforderten DM 1.345,-- reduziert.

Auf eine weitere Reduzierung des Kaufpreises auf DM 1.235,-- kann sich der Beklagte nicht berufen. Er hat zwar eine solche Kaufpreisreduzierung mit Frau [...] vereinbart. Frau [...] war jedoch hierzu nicht ermächtigt. Dabei kann es dahinstehen, ob Frau [...] Handelsvertreterin oder 'Marketing-Manager' für die Klägerin war. Das Ergebnis ist in beiden Fällen dasselbe.

Nachdem der Kaufvertrag einmal abgeschlossen war, konnte eine nachträgliche Abänderung dieses Vertrages zu Lasten der Klägerin nur dann wirksam von [...] erklärt werden, wenn Frau [...] hierzu wirksam bevollmächtigt gewesen ware. Das war aber nicht der Fall.

Eine ausdrückliche Bevollmächtigung hierzu hat die Klägerin bestritten und der Beklagte nicht vorgetragen.

Als Handelsvetreterin wäre Frau [...] ebensowenig wie als 'Marketing-Manager' zur nachträglichen Abänderung des Kaufvertrages befugt gewesen.

Insoweit ist für die Frage der Vertretungsmacht deutsches Recht anzuwenden, weil sich die Wirksamkeit einer Vollmacht nach dem Recht des Ortes richtet, an dem die Vollmacht ausgeübt wird (Palandt-Heldrich, Anhang zu Art. 32 EGBGB, Rand-Nr. 3). Das deutsche Handelsvertreterrecht kennt keine Befugnis zur nachträglichen Vertragsänderung, parr. 55 Abs.2, 91 HGB. Wäre Frau [...] 'Marketing Manager' für die Klägerin gewesen, käme eine Bevollmächtigung allenfalls als Handlungsgehilfe in Betracht, was aber gemäß par. 55 Abs. 2 ebenfalls nicht zur nachträglichen Vertragsänderung ermächtigt.

Eine nachträgliehe Vertragsänderung durch [...] ist von der Klägerin auch nicht genehmigt worden. Das ergibt sich aus der Gutschriftserteilung vom 30.6.1993, in welcher die mit Frau [...] getroffenen Abreden gerade nicht bestätigt worden sind.

Schließlich greifen zu Gunsten des Beklagten aueh nicht die Grundsätze der Duldungs- oder Anscheinsvollmaeht ein. Voraussetzung hierfür wäre im ersten Fall eine Kenntnis der Klägerin von den zwisehen Frau [...] und dem Beklagten getroffenen Absprachen, was nicht vorgetragen ist. Für den zweiten Fall der Anscheinsvollmaeht wäre Voraussetzung ein wiederholtes entsprechendes Handeln von Frau [...] gegenüber dem Beklagten, wofür ebenfalls keine Anhaltspunkte erkennbar sind.

Mangels weitergehender nachträglicher Änderung der Preisvereinbarung bleibt der Beklagte deshalb zur Zahlung des um die Gutschrift verminderten Kaufpreises von DM 1.345,-- verpflichtet.

Das CISG fimdet in diesem Zusammenhang keine Anwendung, weil es Vollmachtsfragen nicht regelt, Artikel 7 Abs.2 CISG. Man gelangt aueh nicht zur Anwendung des - möglicherweise - für den Kläger günstigeren italienischen Rechts über Artikel 28 EGBGB, weil dessen Bestimmungen für Vollmachtsfragen nicht gelten, Artikel 37 EGBGB, so daß insoweit auf die allgemeinen Regeln des internationalen Privatrechts und damit auf das aIlgemeine Vollmachtsstatut zurückzugreifen war.

Seine Kaufpreisverpflichtung gegenüber der Klägerin hat der Beklagte nicht erfüllt. Die Erfüllung des Kaufvertrages ist wieder nach den Bestimmungen des CISG zu beurteilen. Die Klägerin hat weder ganz noch teilweise Zahlungen auf den Kaufpreis erhalten. Der Kaufpreis war entweder am Ort der Niederlassung der Klägerin in Italien zu zahlen, Artikel 57 Abs. 1 a CISG, was nicht erfolgt ist. Oder er war an dem Ort, an welchem die Übergabe der Fliesen stattfand, an die Klägerin zu zahlen, Artikel 57 Abs. 1 b CISG, was ebenfalls nicht erfolgt ist.

Der Beklagte hat zwar einen Scheck über DM 1.235 ausgestellt und an [...] übergeben, dessen Summe auch abgebucht worden ist. Die Schecksumme ist aber nie bei der Klägerin angekommen. Deshalb bleibt der Beklagte zur Zahlung des Kaufpreises an die Klägerin verpflichtet.

Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, über [...] an die Klägerin gezahlt zu haben.

[...] könnte zum einen als Geldboten angesehen werden, derer sich der Beklagte bedient hat. Dann trägt er jedoch gemäß Artikel 79 CISG das Risiko der Ankunft des Geldes bei der Klägerin.

Mangels entsprechenden Vortrages scheidet auch eine Inkassovollmacht von [...] für die Klägerin aus, parr. 55, 91 HGB.

Die Grundsätze einer Anscheins- oder Duldungsinkassovollmacht können aus den gleichen Gründen wie vorstehend nicht zu Gunsten des Beklagten wirken. Ergänzend kommt hinzu, daß er den Scheck zu Gunsten eines anderen Empfängers ausgestellt hat, als nach dem mit der Klägerin geschlossenen Vertrag vereinbart. Nach der Beschriftung des Schecks war dieser an Frau [...] gerichtet, nicht an die Klägerin. Der Beklagte ist damit bewußt das Risiko eingegangen, daß Frau [...] diesen auf ihre Adresse ausgestellten Scheck einem eigenen Konto gutbringt ohne das Geld dann an die Klägerin weiterzuleiten. Wenn sich der Beklagte bewußt diesem Risiko ausgesetzt hat, muß er auch die Konsequenzen tragen. Auch insoweit gilt die Risikoverteilung gemäß Artikel 79 CISG.

Vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 119.000. Ital.Lire kann die Klägerin vom Beklagten nicht verlangen. Zwar sind ihr diese Rechtsanwaltskosten entstanden und möglicherweise können sie nach italienischem Recht auch nicht auf die Gebühren angerechnet werden, die dem Prozeßbevollmäehtigten der Klägerin aus diesem Rechtsstreit erwachsen. Darauf kommt es aber nicht an. Mit der Einforderung dieser vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stößt die Klägerin nämlich gegen ihre Schadenminderungspflicht gemäß Artikel 77 CISG. Neben den Prozeßgebühren ihres Prozeßbevollmächtigten könnte die Klägerin vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten für eine Mahnung des Beklagten nämlich dann nicht verlangen, wenn sie einen in Deutschland ansässigen Rechtsanwalt beauftragt hätte. Das wäre ihr hier ohne weiteres möglich gewesen, weil ihr jetzger Prozeßbevollmächtigter, von welchem das Mahnschreiben vom 27.6.1994 stammt, auch in Stuttgart eine Kanzlei unterhält. In seiner Stuttgarter Kanzlei hat er schließlich auch die Klageschrift und auch alle weiteren Schriftsätze in diesem Rechtssstreit gefertigt. Die Fertigung auch von außergerichtlichen Mahnschreiben in der Stuttgarter Kanzlei wäre sowohl der Klägerin als auch ihrem jetzigen Prozeßbevollmächtigten durchaus zumutbar gewesen.

Zinsen auf die Hauptforderung kann die Klägerin nur in Höhe von 10 % verlangen. Gemäß Artikel 78 CISG schuldet der Käufer Fälligkeitszinsen, wenn er den Kaufpreis nicht rechtzeitig bezahlt. Die Rechtzeitigkeit der Zahlung richtet sich nach Artikel 58, 59 CISG in Verbindung mit dem von den Parteien geschlossenen Kaufvertrag. Nach dem Inhalt des Kaufvertrages war der Kaufpreis spätestens innerhalb von 30 Tagen netto zu bezahlen, was sich aus der Rechnung vom 5.3.1993 ergibt. Eine anderweitige Fälligkeitsabrede haben die Parteien nicht vorgetragen. Die Zinshöhe bestimmt sich nach italienischem Recht, weil sie im CISG nicht geregelt ist, Artikel 7 CISG, Art. 28 EGBGB. Seit 1990 beläuft sich der gesetzliche Zinssatz in Italien auf 10 % (Nachweis bei Kindler RIW 1991, 304, Artikel 1284 codice civile).

Einen höheren Zinssatz kann die Klägerin auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Vertragsverletzung aufgrund Nichtzahlung des Kaufpreises nicht verlangen, Artikel 62, 74 CISG. Die Klägerin hat nämlich die von ihr behauptete durchgängige Inanspruchnahme von Bankkredit nicht beweisen können. Insbesondere sind die von ihr vorgelegten Bankauszüge kein tauglicher Beweis. Sie umfassen zum einen nicht die hier maßgeblichen Zeiträume und weisen zum anderen, soweit der hier maßgebliche Zeitraum betroffen ist, überwiegend Positivsalden auf dem Bankkonto der Klägerin aus. Zumindest ist den von der Klägerin vorgelegten italienischen Unterlagen nichts anderes zu entnehmen.

Der Beklagte muß die Kosten des Rechtsstreits tragen, weil er unterlegen ist, par. 91 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus par. 708 Nr. 11 ZPO.

Von Vollstreckungsschutzanordnungen konnte abgesehen werden, weil gegen das Urteil ein Rechtsmittel unzweifelhaft nicht stattfindet, par. 713 ZPO.}}

Source

Published in German:
- Neue Juristische Wochenschrift - Rechtssprechungs Report (NJW-RR), 1996, 120-121}}