Data

Date:
31-08-1989
Country:
Germany
Number:
3 KfH 0 97/89
Court:
Landgericht Stuttgart
Parties:
Unknown

Keywords

APPLICATION OF CISG - RULES OF PRIVATE INTERNATIONAL LAW REFERRING TO LAW OF CONTRACTING STATE (ART. 1(1)(B) CISG)

CONFORMITY OF GOODS - BUYER'S OBLIGATION WHERE LACK OF CONFORMITY - PROPER AND TIMELY EXAMINATION (ART. 38 CISG)

NOTICE OF LACK OF CONFORMITY WITHIN REASONABLE TIME AFTER DISCOVERY (ART. 39 CISG) - NOTICE BY TELEPHONE - REQUIREMENTS

INTEREST (ART. 78 CISG) - RIGHT TO INTEREST IN CASE OF LATE PAYMENT OF PRICE - INTEREST RATE DETERMINED BY LAW OF CREDITOR'S COUNTRY

Abstract

A German buyer ordered 48 pairs of shoes from an Italian seller, of the same model and colour as under a former order. One week after placing the second order the buyer cancelled it on the basis of customer complaints concerning the former order. The seller delivered the shoes in accordance with the second order. On delivery the buyer examined only a few pairs of shoes without finding any defect. Sixteen days after delivery, following receipt of customer complaints concerning the second order, the buyer notified the seller of imperfect sewing and measurement and decoloration of the shoes. The seller commenced action claiming payment of the full purchase price and interest at bank loan rates.

The court held that the contract was governed by CISG, as the German private international law rules led to the application of the law of Italy, a contracting State (Art. 1(1)(b) CISG).

The court left open whether Arts. 38 and 39 CISG applied or whether pursuant to Art. 7(2) CISG German domestic law applied, as in both cases the buyer was found neither to have properly examined the goods nor given timely notice of the non- conformity. With respect to the examination of the goods the court found that the buyer should have examined all the pairs of shoes from the second order and not only a few of them, having been forewarned by customer complaints concerning the first delivery. As to the notice of the defects discovered the court held that, although notice by telephone is per se admissible, in the case at hand it was not sufficient since the buyer could indicate neither the precise date of the call nor the person who received it.

The court held that interest was payable. Since CISG does not determine the rate of interest, the court held that the rate was to be determined in accordance with the domestic law of the seller's country, as the country in which the seller is affected by the delayed payment, all the more so as payment was to be made in the currency of the seller's country.

Fulltext

Tatbestand:

Die Kl., eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach italienischem Recht, verlangt von dem Bekl., vormals Inhaber eines einzelkaufmännischen Unternehmens, den Restkaufpreis aus einer Schuhlieferung.

Die Bestellung des Bekl. erfolgte am 21.3.1988. Die bestellten Schuhe entsprachen in Farbe und Modell einem vorhergehenden Auftrag vom 21.9.1987. Mit Schreiben v. 28.3.1988 bat der Bekl. um Stornierung des Vertrages, da sich bei der Auslieferung der Erstbestellung Reklamationen ergeben hätten. Die Kl. kam diesem Verlangen nicht nach und übersandte mit Rechnung v. 11.4.1988 über 5.208.000 Lit. die bestellten Artikel (48 Paar Herrenschuhe); die Auslieferung an den Bekl. erfolgte am 25.5.1988.

Mit Schreiben v. 10.6.1988 teilte der Bekl. mit, daß sich einige Reklamationen ergeben hätten, weil die Verarbeitung nicht einwandfrei sei: 'Das Blatt ist oftmals unterschiedlich lang. Die Schuhwaren sind teilweise sehr unsauber vernäht. Viele Kunden klagen über starkes Abfärben.'

Am 21.9.1988 leistete der Bekl. eine Teilzahlung in Höhe von 3.044.000 Lit. und teilte mit, daß über den Restbetrag von 2 164 000 Lit. die mangelhafte Ware gemäß beigefügter Auflistung der Kl. zur Verfügung stehe. Am 14.10.1988 übersandte der Bekl. eine Auswahl der beanstandeten Artikel. Die Kl. lehnte jedoch mit Schreiben v.24. 11. 1988 die geltend gemachten Beanstandungen ab.

Die Kl. trägt im wesentlichen vor:

Die erhobenen Rügen seien, weil verspätet, unbeachtlich (Art. 39 UN-Kaufrecht). Es handle sich nicht um versteckte Mängel. Die Lieferung sei einwandfrei erfolgt. Die Schuhe seien ungefüttert, so daß das Leder abfärben könne, was aber kein wesentlicher Mangel sei.

Sie arbeite mit Bankkredit in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe. Für diesen habe sie in Italien Kreditzinsen zu entrichten, die über dem italienischen Diskontsatz lägen.

Die Kl. hat zunächst unter Einbeziehung der Vorlieferung 5.979.000 Lit. geltend gemacht, vor der mündlichen Verhandlung jedoch die Klage in Höhe von 3.815.000 Lit. zurückgenommen.

Die KI. beantragt demgemäß, den Bekl., wiegeschehen, zur Zahlung zu verurteilen.

Der Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Bekl. führt im wesentlichen aus:

Eine stichprobenhafte Überprüfung bei Anlieferung habe keine Mängel ergeben. Durch Kundenreklamationen, nach dem Tragen der Schuhe, sei zum Vorschein gekommen, daß die Schuhe abfärben und durch unzureichende Nahtverarbeitung einreißen, was sofort mit Schreiben v. 10.6.1988 und auch mündlich der Kl. mitgeteilt worden sei. sei einer - nochmaligen - Kontrolle aller Schuhe sei noch festgestellt worden, daß unterschiedliche Blattgrößen vorhanden seien.

Es handle sich um versteckte Mängel, die sich erst bei der Benutzung herausstellen würden. Die Rüge sei - in Anwendung von 377 HGB - rechtzeitig erfolgt, so daß der Bekl. die Aufhebung des Vertrages verlangen könne. Die Zinsforderung sei nicht gerechtfertigt, ein Zinsausfall nicht dargetan.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

1. Auf den deutsch-italienischen Kaufvertrag v. 21.3.1988 findet das Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den Internationalen Warenkauf v. 11.4.1980 Anwendung. Davon gehen beide Parteien zutreffend aus.

Das Übereinkommen ist zum 1.1.1988 in Italien in Kraft getreten. Nach Art. 1 Abs. 1 b ist es auch anzuwenden, wenn die Regeln des IPR zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaats führen. Dies ist der Fall. Art. 28 Abs. I Satz I, 28 Abs. 2 Satz I EGBGB verweist auf italienisches Recht. Der Vertrag weist die engsten Verbindungen zu dem Staat auf, in dem die Kl. als Verkäuferin ihren Sitz hat.

2. Die Kl. kann gem. Art. 53 den restlichen Kaufpreis beanspruchen.

Der Bekl. ist nicht befugt, gem. Art. 49 Abs. I a wegen einer wesentlichen Vertragswidrigkeit der Ware die Aufhebung des Vertrages zu erklären. Die Berufung auf die Mangelhaftigkeit der Ware ist ausgeschlossen, da der Bekl. nicht rechtzeitig gerügt hat.

Offenbleiben kann dabei, ob insoweit Art. 39 i.V.m. Art. 38 anwendbar ist oder über Art. 7 Abs. 2 i.V.m. Art. 32 Abs. 2 EGBGB die Regelung des § 377 HGB subsidiär heranzuziehen ist. Die Anwendung dieser Vorschriften führt im vorliegenden Fall zum selben Ergebnis.

Der Käufer hat die Ware alsbald zu untersuchen, wie es nach den Umständen tunlich ist. Dies behauptet der Bekl. Er macht jedoch geltend, bei der stichprobenhaften Überprüfung seien Mängel nicht festgestellt worden, die Mangelhaftigkeit habe sich erst durch Kundenreklamationen ergeben. Nach Lage der Dinge hat der Bekl. jedoch die an eine sachgerechte Untersuchung zu stellenden Sorgfaltspflichten nicht beachtet. Bei den gerügten Mängeln - Einreißen der Schuhe, unsaubere Nahtverarbeitung, unterschiedliche Blattgrößen - handelt es sich um offene Mängel, die nicht erst beim Tragen der Schuhe zutage treten. Der Bekl. war aufgrund seiner Sachkunde gehalten, eine fachmännische, gründliche Untersuchung vorzunehmen. Dies gilt um so mehr, als bei der ersten Lieferung Mängel entdeckt worden waren und er so 'vorgewarnt' war. So hätte er auch die Schuhe dahin untersuchen müssen, ob Abfärbungen auftreten können. Eine ordnungsgemäße Untersuchung hätte alsbald zu einer Entdeckung der behaupteten Mängel geführt. Die Rüge am 10.6.1988 ist demnach verspätet. Die Angaben des Bekl. über telefonische Reklamationen sind, da das Datum des Anrufs, der Name des Gesprächspartners, der Inhalt der Reklamation nicht mitgeteilt werden, nicht ausreichend substantiiert und können deshalb nicht verwertet werden. Demgemäß hat der Bekl. das Recht verloren, die Vertragswidrigkeit geltend zu machen, da er den Mangel nicht alsbald, nachdem er hätte festgestellt werden müssen, angezeigt hat.

3. Der Kl. kann, gestützt auf Art. 74, die durch die Säumnis des Bekl. entgangene Kapitalnutzung als Schaden geltend machen.

Diese Bestimmung geht grundsätzlich davon aus, daß der Schuldner im Fall der Säumnis zur Zahlung von Zinsen verpflichtet ist. Die Zinshöhe ist allerdings nicht festgesetzt und in Einzelheiten umstritten. Es ist angebracht, auf das nationale Recht des Gläubigers zurückzugreifen, zumal sich die Folgen der Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung dort auswirken und der Kaufpreis in italienischer Währung zu entrichten war. Demgemäß hat der Schuldner auch das Risiko zu tragen, eine in fremder Währung zu zahlende Geldschuld nach den dortigen Sätzen zu verzinsen (dazu Stoll in Schlechtriem, Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, 1987, S. 279/280, 291; Schlechtriem, Einheitliches UN-Kaufrecht, 1981, S. 93l94).}}

Source

Published in German:
- Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts
(IPRax), 1990, 317
- Recht der Internationalen Wirtschaft (RIW), 1989, 984
- Uniform Law Review, 1989, II, 835

Commented on by:
- G. Reinhart, Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (IPRax), 1990, 289

Cited as precedent by:
- Italy, Tribunale Civile di Cuneo, 31-01-1996. (See Abstract and Full Text in UNILEX)}}